Referat über die Wölfe brachte viele interessante Informationen
40 Natur- und Wanderfreunde aus dem gesamten bayerischen und hessischen Spessart waren in diesen Tagen der Einladung zur Naturschutzwarte-Tagung des Spessartbundes ins Pfarrheim in Hörstein gefolgt. Dies geht aus dem Protokoll der Tagung von Burkhard Staab,
Naturschutzwart Wanderlust Breunsberg, hervor. Sie setzte sich aus Vertreterinnen und Vertreter der Ortsgruppen zusammen, deren Aufgabengebiet der Naturschutz ist. Der Spessartbund ist eine anerkannte Naturschutzorganisation und hat den Naturschutz als Hauptziel in seiner Satzung verankert. Themen waren der Beutegreifer Wolf, das beabsichtigte Biosphärenreservat Spessart sowie eine Exkursion ins Naturwaldreservat „Pfahlloch“.
In einem Referat ging der anerkannte Wolfsexperte Günter Trapp vom Landesbund für Vogelschutz Bayern e.V. auf das aktuell intensiv diskutierte Thema Wolf in deutschen Wäldern ein. Einige aktuelle Berichte aus dem Jahr 2023 in den lokalen Medien über Wolfssichtungen, Wolfsrissverdachtsfälle und daraus resultierende Leserbriefe machten die Brisanz des Themas deutlich. Ergänzend erläuterte Matthias Braun, Revierförster bei der Stadt Alzenau und Mitglied im Netzwerk „Große Beutegreifer,“ das praktische Vorgehen im Verdachtsfall, wenn Weidetiere von Wölfen gerissen wurden.
Trapp ging in seinem Vortrag insbesondere auf die Wolfsmythologie, seine Ausrottung in Deutschland, Verwechselungsmöglichkeiten mit anderen hundeähnlichen Tieren sowie auf „die Biologie des Wolfes“ ein. Nach Angaben von Trapp leben derzeit in Deutschland 161 Rudel, 43 Paare und 21 Einzeltiere. Welpen und Jährlinge haben eine hohe Sterblichkeit (ca. 57%), daher würden nur erwachsene Tiere in die Statistik aufgenommen. Die stärkste Besiedelung sei bisher in Nord- und Ostdeutschland erfolgt. Süddeutschland sei derzeit nur sehr dünn besiedelt. In ganz Bayern gibt es derzeit laut Angaben des Bayerischen Landesamtes für Umwelt 23 standorttreue Tiere. Wölfe seien Langstreckenläufer; sie laufen bis zu 75 km pro Tag. Ein in der Lausitz beobachteter Wolf („Alan“) schaffte die Strecke bis zur Litauisch-Weißrussischen Grenze in 159 Tagen und lege dabei rund 1500 km zurück.
Wölfe benötigen keine Wildnis und nutzten bei ihren Wanderungen menschliche Strukturen, wie Straßen, Wege und Brücken. Sie können in sehr vielen Landschaften leben, solange sie ausreichend Beutetiere und Rückzugsmöglichkeiten für die Welpen-Aufzucht haben. Nach Untersuchungen des Senckenberg-Instituts ernähren sich Wölfe von Rehwild (51 %), Wildschweinen (20 %), Rotwild (13 %), sonstigen Wildarten, z. B. Damwild, Feldhasen, Füchse (14 %) sowie von Nutztieren (2 %). Die meisten Nutztierrisse sind nach diesen Forschungen auf unzureichenden Herdenschutz zurückzuführen. „Der Mensch gehört nicht in das Beuteschema des Wolfes und es ist wie ein „Sechser im Lotto“ zu werten,
wenn man einen Wolf in freier Wildbahn zu sehen bekommt“; sagte Trapp.
Die Geschäftsführerin des Spessartbundes, Heike Buberl-Zimmermann, referierte über das geplante Biosphärenreservat Spessart, dessen Machbarkeit gerade im bayerischen Teil des Spessarts erforscht würde. Derzeit gebe es noch sehr viele Unklarheiten. Sollte das Biosphärenreservat verwirklicht werden können, könnten bis zu seiner Realisierung nach Angaben „noch vier bis fünf Jahre ins Land gehen“. Der Spessartbund hat im November 2022 ein Positionspapier beschlossen, welches auf der Internetseite des Spessartbundes (www.spessartbund.de) einzusehen ist.
Im Rahmen der Tagung wurde eine Exkursion ins Naturwaldreservat Pfahlloch unter Führung von Revierförster Braun geführt. Dieses befindet sich im südlichen Bereich der Gemarkung von Hörstein an der Grenze zu Johannesberg-Rückersbach. Es wurde im Jahr 2019 eingerichtet und hat eine Fläche von 21 Hektar. Die steilen, nach Süden und Westen geneigten Hänge gehören zum Hahnenkamm. Mit Ausnahme der Jagd und dem Freihalten der Wege sind dort keinerlei forstliche Maßnahmen mehr zugelassen, so dass Urwald von Morgen entstehen kann. Das Pfahlloch ist geprägt von 140 – 180-jährigen Buchen- und Eichenaltbeständen, die aus ehemaligen mittel bzw. niederwaldartig genutzten Beständen hervorgingen. Es hat bereits reichlich Totholz. Wissenschaftler der Universität Frankfurt am Main untersuchen regelmäßig Flora und Fauna. So konnte dort bereits im Jahr 2021 ein seit 1947 als ausgestorben geltender Käfer, der „Coxelus pictus“, ein Totholzkäfer, bestätigt werden (Der Käfer hat keinen deutschen Namen). Weiterhin tummelt sich dort eine große Population von Hirschkäfern. Die Exkrementenspezialisten konnten Luchslosung finden. Auch die Wildkatze hat an speziell angebrachten, mit Baldrianlösung präparierten Holzpfählen, ihre Haare hinterlassen, zeigt die Forschung.
Gründau, 15. Juni 2023
Bildunterschrift
Exkursion der Tagungsteilnehmer*innen in den Spessart-Urwald „Pfahlloch“
Quelle: Peter Völker