Donnerstag, Dezember 18, 2025
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Zur Ruhe kommen und dann in den Alltag zurückkehren

Kreisbeigeordneter Jannik Marquart besucht Aktionstag der Auszeitklasse und lobt das Team

Main-Kinzig-Kreis. – Manchmal ist es gut, eine Auszeit zu nehmen – sich Reizen zu entziehen, die überfordern, und Situationen, die belasten. Das gilt auch für Kinder. Für Grundschulkinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf gibt es im Main-Kinzig-Kreis die Auszeitklasse an der Brentano-Schule in Altenhasslau. Sie ist ein außerschulischer Lernort, in den Kinder zeitweise aus der Regelschule wechseln. Ziel ist es, sie dort so zu stabilisieren und zu stärken, dass sie im Regelunterricht wieder zurechtkommen.

„Die Auszeitklasse ist ein Erfolgsprojekt“, sagte Kreisbeigeordneter Jannik Marquart beim Tag der offenen Tür. „Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe gelingt vorbildlich. Fast jedes Kind kehrt nach seiner Auszeit gestärkt in den Alltag zurück und findet seinen Weg. Jedes Kind hat das Recht darauf, gesehen zu werden – und genau das geschieht hier.“ Dass die staatlichen Institutionen an dieser Stelle so eng zusammenarbeiten, sei „Gold wert“.

Die Auszeitklasse besteht seit 2001. Sie ist ein gemeinsames Angebot des Beratungs- und Förderzentrums (BFZ) Brentano-Schule und des St. Elisabeth-Vereins Marburg. Nicht die schulischen Leistungen stehen im Vordergrund, sondern zunächst einmal die emotionale und soziale Entwicklung der Kinder. Unterricht findet statt, wenn die Kinder in ihren Gefühlen und Stimmungen stabilisiert sind. „Wenn die Themen, an denen die Kinder leiden, bearbeitet sind, können sie wieder lernen und Lust am Lernen entwickeln“, erklärte Schulleiterin Ulrike Ding, die bereits an der Entwicklung des Konzepts der Auszeitklasse beteiligt war. Ursprünglich für ältere Jahrgänge gedacht, habe sich damals schnell gezeigt, dass ein früher Einstieg sinnvoller sei. „Je früher wir beginnen, desto größer ist die Chance auf Erfolg“, so die Schulleiterin.

Der Weg in die Auszeitklasse ist der letzte Schritt eines längeren Prozesses. Erst wenn alle anderen Maßnahmen und Unterstützungsangebote nicht greifen, kommt die Aufnahme eines Kindes in Betracht. In das Verfahren sind Eltern, Schule, Schulamt und Jugendamt eingebunden. Den Ausgangspunkt bildet immer die Herkunftsschule, die den Bedarf meldet. In einem gemeinsamen Gespräch wird das weitere Vorgehen geplant. Es folgt ein Hausbesuch und schließlich der Wechsel in die Auszeitklasse. Während der gesamten Zeit bleibt die Grundschule in der Verantwortung, auch die Zeugnisse werden weiterhin dort erstellt.

Aktuell gehen zehn Kinder in die Auszeitklasse, im Durchschnitt sind es acht. Wie lange ein Kind bleibt, ist individuell. Meist dauert die Auszeit etwa zwei Jahre, das letzte halbe Jahr dient dem schrittweisen Wiedereinstieg in den regulären Schulalltag. „Viele Kinder sind sehr jung, wenn sie zu uns kommen“, berichtete Anna Vanessa Monheim, „Manche zeigen schon im Kindergarten Auffälligkeiten und wechseln mit sechs oder sieben Jahren in der Auszeitklasse.“ Die Themen beziehungsweise Auffälligkeiten seien vielfältig. Es gehe um Bindung, Kontaktfähigkeit, Gruppenverhalten, Ängste oder traumatische Erfahrungen. „Die Kinder sind kognitiv sehr stark“, erklärte Anna Vanessa Monheim. „Doch, wenn sie zu uns kommen, haben sie oft keinen Raum im Kopf zum Lernen – andere Themen drängen sich in den Vordergrund.“

Die Auszeitklasse ist eine inklusive Beschulung an einem außerschulischen Lernort. Sozialpädagoginnen und Förderschullehrkräfte sind ganztägig präsent und jederzeit ansprechbar. Jedes Kind hat zwei feste Bezugspersonen. Diese Kontinuität gibt Sicherheit. „Etwa ein Viertel bis ein halbes Jahr brauchen die Kinder, um anzukommen. Erst wenn sie die Auszeitklasse als sicheren Ort erleben, beginnt die eigentliche pädagogische Arbeit“, erläuterte Schulleiterin Ulrike Ding. Dazu gehört auch intensive Elternarbeit. „Ohne die Eltern kommen wir nicht weiter“, betonte Anna Vanessa Monheim. Viele Eltern seien überfordert, hilflos und verzweifelt, berichtete sie. In der Auszeitklasse erfahren sie Unterstützung – und schöpfen neue Zuversicht.

Auch nach der Rückkehr in den Schulalltag werden die Kinder weiter begleitet. Ziel bleibt, sie langfristig zu stärken. „Die Fachkräfte der Auszeitklasse brennen für ihre Arbeit“, sagte Jannik Marquart am Ende seines Besuchs. „Das merkt man sofort. Ich danke dem gesamten Team und allen Beteiligten für dieses große Engagement. Ihr Erfolg ist ein Erfolg für die ganze Gesellschaft.“

Bildunterschrift: Kreisbeigeordneter Jannik Marquart (links) ließ sich bei seinem Besuch des Aktionstages der Auszeitklasse an der Brentano-Schule vom Team der Auszeitklasse – von links: Celine Bergmann, Anna Vanessa Monheim, Miva Kittner, Malgorzata Stephan, Rebecca Rösch, Anja Krewald und Theresa Kessler – sowie Schulleiterin Ulrike Ding (rechts) erläutern, wie ein Kind in der Auszeitklasse aufgenommen wird, wie Unterricht, Tagesgruppe, Elternarbeit und Wiedereinstieg in die Regelschule ablaufen.

 

Quelle: Redaktion MKK Echo

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