Lebensmittel spenden statt wegwerfen: Nach diesem Prinzip versorgt die Tafel Maintal seit 20 Jahren Bedürftige unter dem Dach der Bürgerhilfe. Angesichts der stetig wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich ist sie weiter denn je davon entfernt, überflüssig zu sein. Unter diesem Stern feiert die Einrichtung jetzt ihr 20-jähriges Jubiläum.
Maintal, November 2023 – Seit 20 Jahren gibt es sie bereits, die Maintaler Tafel. Am 18. Dezember 2013 wurde sie unter dem Namen „Nahrungsquelle“ unter dem Dach der Bürgerhilfe gegründet. Initiator war das Ehepaar Ursula und Karl-Heinz Oehme, die mit einer Handvoll engagierter Mitstreiter starteten. „Anfangs war es nicht gerade einfach”, erinnert sich Hermann Purnhagen, der von Beginn an mit dabei war. Damals hätte man noch viel Überzeugungsarbeit bei den Supermärkten und Händlern leisten müssen, um an Lebensmittel-Spenden zu gelangen. Zudem galt es, viele Ehrenamtliche zu gewinnen, um die Abläufe erfolgreich zu bewältigen.
Von der Notlösung zum Dauerzustand
Seither ist die Institution, die seit 2016 Mitglied im Bundesverband Tafel Deutschland ist, aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Was als Unterstützung für obdachlose Menschen und solche mit kleinem Einkommen begann, ist mittlerweile zu einer zentralen Anlaufstelle für die wachsende Zahl an Geringverdienern und Geflüchteten geworden. „Die Tafel ist ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Entwicklungen“, erklärt Karl-Heinz Lutz, der zusammen mit seiner Frau Heike seit Januar 2023 die Tafel leitet. Insbesondere seit dem Krieg in Syrien und der Ukraine sei die Kundschaft nochmal um mehr als ein Drittel angewachsen. „Die Tafel ist von der Notlösung zum Dauerzustand geworden“, resümiert Lutz. 2022 wurden insgesamt rund 18.500 Portionen an Nahrungsmitteln ausgegeben. Aktuell nutzen über 270 Bedarfsgemeinschaften mit rund 750 Menschen das Angebot der Tafel Maintal.
Um den Tafelbetrieb zu stemmen, sind rund 80 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer im Einsatz. Jeden Werktag rücken frühmorgens die sogenannten Einholer aus, um Großlieferanten, Bäckereien und Supermärkte in der Umgebung anzufahren. Geschätzte 500 Kilogramm Obst und Gemüse plus andere Lebensmittel sammeln sie dabei ein. Anschließend werden die Waren vorsortiert, aufbereitet, im Laden präsentiert und für wenig Geld verkauft. „Wir arbeiten kräftemäßig oft am Limit. Doch unser Tafel-Team ist unvorstellbar motiviert. Sonst ginge das gar nicht“, betont Lutz.
Mehr Bedürftige – weniger Spenden
Die Gegenwart ist nicht ohne Herausforderungen. Während die Schlangen an der Ausgabestelle immer länger werden, gibt es gleichzeitig weniger Lebensmittel zu verteilen. Grund: Der Handel und die Industrie sind dabei zu lernen, weniger Lebensmittel zu verschwenden. Supermarktketten verkaufen Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern offensiv günstiger. Andere verarbeiten überreifes Obst und Gemüse zu Brotaufstrichen, Großbäckereien unverkäufliches Brot weiter zu Brotchips und anderen Produkten. Händler verpacken schwer verkäufliche Restmengen in Tüten und verkaufen sie kurz vor Ladenschluss billig an Schnäppchenjäger. Auch Lebensmittelspenden der Industrie sind aufgrund schärferer Kalkulation zurückgegangen. Das hat Konsequenzen für die Tafeln. „Die Versorgung unserer Kundschaft wird immer schwieriger“, bedauert Tafel-Leiter Lutz. Man sei gezwungen, deutlich mehr potentielle Abholstellen anzufahren.
Positiv sei, dass die Spendenbereitschaft von Organisationen und Unternehmen weiterhin groß wäre. Spendenaktionen wie die „Kauf-eins-mehr“-Aktion im örtlichen Globus- oder die REWE-Tüten-Weihnachtsaktion seien wichtig und hilfreich, ebenso die Unterstützung der lokalen Bevölkerung. So sind es meist Spenden von Privatpersonen, die die alljährliche Kinderbescherung zu Weihnachten erst möglich machen. „Jede unterstützende Sach- und Geldspende ist willkommen, für jede ehrenamtliche Hilfe sind wir dankbar“, bestätigt Lutz. Das allerschönste Geschenk für das Tafel-Team sei dabei die Dankbarkeit, die es von Menschen, die bei der Tafel einkaufen, erfährt.
Quelle: Stefan Prinz