Donnerstag, November 21, 2024
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Stellungnahme der Stadt Bad Soden-Salmünster zur Pressemitteilung der IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern i.S. Kurbeiträge für berufsbedingte Übernachtungen vom 17.07.2024

Zunächst stelle ich mir grundsätzlich die Frage, weshalb die IHK in einen Vorgang kommunaler Selbstverwaltung einzugreifen versucht und den Weg über eine Pressemitteilung wählt.

Einleitend kann festgestellt werden, dass mit dem Kommunalen Abgabengesetz den Kommunen die Möglichkeit gegeben ist, touristische und kurörtliche Infrastruktur zu finanzieren, indem Kur- oder Tourismusbeiträge erhoben werden. In allen Kurstädten ist dies seit vielen Jahren gängige Praxis. Mit der Änderung des Kommunalen Abgabengesetzes ist dies seit letztem Jahr auch für geschäftsbedingte Übernachtungen möglich, wovon ein Großteil der Tourismusorte und Heilbäder inzwischen Gebrauch gemacht haben.

Sicherlich liegt dies auch an der einfachen Tatsache, dass zur Erzielung von kommunalen Erträgen eine Beitrags- oder Gebührenfinanzierung grundsätzlich der Erhebung von allgemeinen Steuern oder gar Kreditaufnahmen vorzuziehen sind. Dies schreibt schon der Gesetzgeber den Kommunen richtigerweise vor, weshalb gem. dem Verursacherprinzip immer die potentiellen Nutzer an Maßnahmen zu beteiligen sind, bevor es der Allgemeinheit „aufgedrückt” wird.

Zu den einzeln aufgeführten Argumenten der IHK möchte ich im Folgenden genauer eingehen:

Die IHK merkt in ihrer Mitteilung an, dass Geschäftsreisende kein Anrecht auf Erstattung eines Kurbeitrags durch ihren Arbeitgeber haben und schließt daraus, dass möglicherweise auf andere Standorte ausgewichen würde. Im Einzelfall mag dies vielleicht zutreffend sein. Grundsätzlich ist es nach unseren Erfahrungen jedoch vielmehr so, dass für die Auswahl eines Standorts harte Kriterien wie die Qualität des Übernachtungsbetriebs, die Tagungsräume sowie die Lage und das Umfeld eine wesentlich höhere Relevanz besitzen. Daneben ist es aufgrund des angespannten Arbeitsmarktes heute eher so, dass Arbeitgeber guten Mitarbeitern oftmals zusätzliche Benefits zum Gehalt gewähren, als Beispiele können hier das Bike-Leasing, die Kostenübernahmen von Mitgliedschaften in Fitnessclubs, Zuschüsse zur privaten Altersvorsorge oder sonstige finanzielle Vorteile genannt werden, um die besten und leistungsfähigsten Mitarbeiter an ihr Unternehmen zu binden. Vor diesem Hintergrund werden die Arbeitgeber wohl kaum über eine Zusatzbelastung von 2,30 € pro Nacht bzw. 11,50 € pro Arbeitswoche mit ihren Mitarbeitern diskutieren.

Weiterhin wird aufgeführt, dass Geschäftsreisende wg. ihres straffen Zeitplans die Kureinrichtungen kaum nutzen können. Rechtlich ist es jedoch so, dass die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme für die Verwirklichung der Kurbeitragspflicht ausreicht. Im Übrigen ist die Situation in den Kliniken ähnlich. Auch dort werden tagsüber, oftmals bis zum späten Nachmittag, die erforderlichen Therapien abgegeben und die Reha-Patienten haben erst danach die Möglichkeit, die Kureinrichtungen zu nutzen. Gleichwohl sind die in den Kliniken untergebrachten Patienten voll kurbeitragspflichtig.

Als weiteren Punkt spricht die IHK die Erklärungsbedürftigkeit der Regelung an. Dazu kann angemerkt werden, dass nahezu jeder, der schon einmal in Deutschland eine Reise unternommen , und dabei Kurbeiträge oder Tourismusabgaben entrichtet hat, den gedanklichen Sinn der Abgabe kennt. Der Kurbetrieb, und auch das wurde von Seiten der Stadt bereits kommuniziert, wird den betroffenen Beherbergungsbetrieben Argumentationsmaterial für Rückfragen in Form eines Flyers an die Hand geben und die Betriebe somit unterstützen.

Einen deutlich gestiegenen Erfassungsaufwand sehen wir nicht. Vielmehr ist geplant, von den in Rede stehenden Abgabepflichtigen nur die unbedingt erforderlichen Informationen einzufordern. Außerdem handelt es sich nicht um eine neue Software, sondern das eingesetzte Programm wird bereits seit mehreren Jahren angewendet und wurde den Übernachtungsbetrieben von unserem externen Dienstleister bereits bei der Einführung vorgestellt. Wie den Übernachtungsbetrieben bekannt ist, haben diese jederzeit die Möglichkeit eine Nachschulung durch das ausgebildete Personal des Kurbetriebs zu erhalten. Sollte darüber hinaus weiterer Bedarf bestehen, ist ein Schulungstermin durch den externen Dienstleister möglich.

Der Einwand, dass die Preise für 2025 bereits kalkuliert und am Markt bekannt sind, greift nicht. Der Bürgermeister und die beiden Kurdirektoren haben in einer Sitzung im Herbst 2023 die betroffenen Beherberger über die geplante Einführung der Neuregelung informiert. An der damaligen Sitzung hat auch eine Vertreterin der IHK teilgenommen. Da sich die Diskussion damals noch im Anfangsstadium befand, haben wir zugesagt, auf eine Einführung zum 01.01.2024 zu verzichten und die Einführung der Kurbeitragspflicht für 2025 in Aussicht gestellt. Dies wurde im Übrigen bereits in der Stadtverordnetenvorlage zur Inkraftsetzung der neunen Kurbeitragssatzung im Dezember 2023 öffentlich angekündigt. Es ist somit festzustellen, dass genügend Vorlaufzeit für die Preiskalkulation vorhanden war und ist. Weiterhin ist den Übernachtungsbetrieben bekannt, dass keine Erhöhung des Kurbeitrags vorgesehen ist. Somit läuft auch die Argumentation, dass die Betriebe keine Kalkulationsgrundlage haben, ins Leere. An dieser Stelle verweisen wir nochmals darauf,, dass bei der Erhebung des Kurbeitrages nicht die Übernachtungsbetriebe sondern die Übernachtenden die Abgabe zu leisten haben. Wird dies von einzelnen Betrieben bereits im Übernachtungspreis inkludiert, liegt das in der Verantwortung der Übernachtungsbetriebe. , Eine ausbleibende Berücksichtigung der anstehenden Kurbeitragspflicht kann jedoch nicht zu Lasten der Steuerzahler und der übrigen Gewerbebetriebe der Stadt gehen, die in diesem Fall die fehlenden Einnahmen ggf. durch höhere Steuern oder Abgaben bzw. Leistungseinschränkungen an anderer Stelle ausgleichen müssten.

Im letzten Abschnitt des Schreibens werden Zahlen genannt, welche unserer Auffassung nach nicht zutreffend sind. So wird unterstellt, dass nur 50 % der Gäste den regulären Beitrag entrichten, während die andere Hälfte der Gäste einen reduzierten Beitrag zahlt. Fakt ist, dass die berufsbedingten Übernachtungen in der Regel ohne Begleitperson, für welche ggf. eine Reduzierung in Frage käme, erfolgen. Somit kommt es auch nicht zu den in der Pressemitteilung aufgeführten Reduzierungen um 50 %. Ferner spricht die IHK von 30.000 Ankünften und meint hier wahrscheinlich Übernachtungen. Die Hessenstatistik weist  für Bad Soden-Salmünster im Jahr 2023 rund 38.000 Übernachtungen in den größten Übernachtungsbetrieben der Stadt aus. Dass der Anteil der Geschäftsreisenden 52 % betragen soll, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Vielmehr ist es so, dass der Anteil der kurbeitragspflichtigen Übernachtungen der betreffenden Häuser in den Jahren 2022 bis 2023 zwischen 20 % und 38 % lag. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die (kurbeitragsfreien) Übernachtungen von Geschäftsreisenden einen Anteil zwischen 62 % und 80 % ausmachen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

lassen Sie mich abschließend noch einige Gedanken formulieren, damit Sie unsere Überlegungen zur Einführung der Kurbeitragspflicht für berufliche Übernachtungen nachvollziehen können:

1. Der von der Stadt Bad Soden-Salmünster erhobene Kurbeitrag wurde bereits seit Jahrzehnten, bis auf Glättungen bei der Umrechnung von DM-Beträgen in €-Beträge, nicht erhöht. Ich denke, mit dieser langjährigen Beitragsstabilität haben wir allen in der Stadt tätigen Beherbergungsbetrieben einen großen Dienst erwiesen. Dies kann man von den erhoben IHK-Pflichtbeiträgen, beispielsweise für unsere beiden Kurgesellschaften, nicht behaupten. Hier hat es, trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage der Mitgliedsbetriebe, in 2024 eine drastische Erhöhung des Jahresbeitrags um 22,5 % gegeben.

2. Trotzdem wurden in den letzten Jahren Investitionen in Millionenhöhe in die kurörtliche Infrastruktur getätigt. Den Großteil dieser Investitionen musste die Stadt selbst aufbringen. Durch die hohen Investitionen wurde der große Investitionsstau, welcher sich seit der Kurkrise Ende der 1990er Jahre aufgebaut hat, abgearbeitet und die Stadt hat dafür gesorgt, dass unsere Gäste wieder ein zeitgemäßes Kurpark- und Hallenangebot, wie z.B. das Spessart Forum, vorfinden. Dieses Angebot ist, gemeinsam mit dem neu aufgebauten Veranstaltungsangebot, am Markt konkurrenzfähig und kann von den Übernachtungsbetrieben werbewirksam genutzt werden.

3. Auch unser modernisierter Kurbereich schreibt, aufgabenbedingt, Verluste. Dies ist in nahezu allen ähnlich strukturierten Kurorten so. Diese Verluste aus den Kureinrichtungen, welche sowohl den Kapitaldienst wie auch die Abschreibungen, die Personal- und die Betriebskosten betreffen, müssen letztendlich über den städtischen Haushalt ausgeglichen werden.

4. Die hessische Landesregierung hat diese Problematik erkannt und den Kommunen mit der Änderung des Kommunalabgabengesetzes die Möglichkeit eröffnet, ihre Einnahmebasis durch Anpassung der Regelungen im Hinblick auf die berufsbedingten Übernachtungen zu verbreitern.

5. Die Stadt Bad Soden-Salmünster ist im Übrigen nicht die einzige hessische Kurstadt, welche die vom Gesetzgeber neu eingeräumte Möglichkeit zur Erhebung von Kurbeiträgen bei berufsbedingten Übernachtungen einführen will. Nach Auskunft des Hessischen Heilbäderverbandes haben aktuell rund 80 % der hessischen Heilbäder und Kurorte die neue Regelung bereits eingeführt oder planen die Umsetzung in Kürze. Gleiches gilt nach unseren Informationen auch für die Stadt Frankfurt am Main.

6. Im Ergebnis geht es darum, wer die Fehlbeträge aus dem Kurgeschäft finanziert. Sollen hierfür, mit einem geringen Betrag, künftig auch diejenigen Gäste, welche berufsbedingt in der Stadt nächtigen, herangezogen werden? Der überwiegende Teil der Unterdeckung wäre dann immer noch von den Bürgern und den Gewerbebetrieben der Stadt aufzubringen. Oder sollen die Verluste in Form von höheren Grundsteuern und Gewerbesteuern oder durch Leistungseinschränkungen an anderer Stelle vollständig von der Bürgerschaft und den städtischen Gewerbebetrieben aufgebracht werden?

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen erscheint mir der erste Weg der solidarischere zu sein. Gleichzeitig sollte sich die IHK als Interessenvertretung aller Gewerbetreibender in unserer Stadt überlegen, ob Sie mit ihrer Sichtweise hier wirklich alle in Bad Soden-Salmünster angesiedelten Unternehmen oder nur einen kleinen Teil der Unternehmerschaft zu Lasten der übrigen Steuerzahler vertreten will. Meine Entscheidung wäre hier schnell getroffen.

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