Sinntal. Es ist ein Thema, das zahlreiche Bürgerinnen und Bürger betrifft: Immer mehr Apotheken schließen ihre Türen für immer, weil sie die hohen Betriebskosten nicht mehr tragen können. „Das kann so nicht weitergehen“, sagte Marc Brauer, der die Einhorn-Apotheke in Sinntal-Sterbfritz leitet. Er traf sich jüngst mit dem SPD-Bundestagskandidaten Michael Neuner, um über die prekäre Lage der Apotheken zu sprechen. Neuner sagte: „Es gibt Lösungen, um das Apothekensterben aufzuhalten. Diese wirkungsvoll umzusetzen, muss unser Ziel sein.“
In Deutschland gibt es weniger als 17.000 Apotheken. Allein 2023 verzeichnete der Deutsche Apothekerverband 500 Schließungen. Hauptursache ist die Wirtschaftlichkeit. Marc Brauer erklärt: „Die Gesamtkosten einer durchschnittlichen Apotheke sind im vergangenen Jahrzehnt um 59 Prozent gestiegen, während sich das Honorar weiterhin auf dem Niveau von 2004 befindet. Da wundert es mich nicht, dass rund zehn Prozent aller Apotheken rote Zahlen schreiben. Unsere Apotheken werden kaputtgespart.“
Einig waren sich Marc Brauer und Michael Neuner darüber, dass dringend etwas passieren müsse. Der SPD-Bundestagskandidat lobte den Einsatz der Apotheken vor Ort: „Sie sind durch keinen Onlineversandhandel zu ersetzen. Die Patientinnen und Patienten bekommen rund um die Uhr eine Beratung.“ Und Marc Brauer ergänzte: „Wir sind diejenigen, die Notdienste anbieten, individuelle Rezepturen mischen und die Expertise haben. All diese Leistungen müssen besser vergütet werden.“
Zum Beispiel mit einem höheren Verdienst an Arzneimitteln: Aktuell bekommen Apotheker pro verschreibungspflichtiger Medikamentenpackung einen Zuschlag von drei Prozent auf den Einkaufspreis sowie 8,35 Euro Festzuschlag. Aus diesem Topf müssen Mitarbeiter, Weiterbildungen, Gebäudemiete und weiteres bezahlt werden. Zuzahlungen, die Patienten bei bestimmten Medikamenten tragen, werden automatisch an Krankenkassen weitergeleitet. „Wir sollen das Finanzloch der Krankenkassen schließen“, sagt Marc Brauer. „Dabei müssen wir bei Inflation und der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung schauen, wie wir unsere Apotheke überhaupt am Leben halten können.“ Zusätzlich zur finanziellen Belastung würden Apothekern zahlreiche bürokratische Hürden auferlegt: „Ich verbringe mehr Zeit in meinem Büro, als vorne an der Bedientheke. Ich bin doch Gesundheitsdienstleister und nicht nur Kaufmann.“
Und deshalb fordert Marc Brauer: „Apotheken brauchen mehr Entscheidungsfreiheit. Wenn ich statt einer 100-Gramm-Packung zwei 50-Gramm-Packungen an Patienten ausgebe, dann soll ich dafür nach aktueller Gesetzgebung einen Arzt kontaktieren. Wir müssen hier für eine flexiblere Versorgung sorgen.“ Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände setzt sich stark für eine Anpassung des Honorars ein und fordert eine Sicherstellungspauschale für Apotheken. Mit dieser soll jede Apotheke eine Grundsicherung erhalten.
Michael Neuner sagte: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Beiträge an gesetzliche Krankenkassen stabil bleiben. Dann können wir auch das Honorar für Apotheken erhöhen. Die Frage in diesem Zusammenhang ist auch, ob wir überhaupt 95 Krankenkassen in Deutschland brauchen. Die Kosten für die Verwaltung dieser 95 Unternehmen sind extrem hoch.“ Er bedankte sich herzlich bei Marc Brauer für die tiefgehenden Einblicke und betonte abschließend: „Es gilt, das Apothekensterben aufzuhalten. Ich werde mich für vollversorgende Apotheken einsetzen, weil sie für gute Beratung und hochwertige pharmazeutische Versorgung stehen.“
Zum Bild: SPD-Bundestagskandidat Michael Neuner (links) und Apotheker Marc Brauer (rechts) sind sich einig: Das Apothekensterben muss aufgehalten werden. Foto: Bensing & Reith
Quelle: Michael Neuner