Mittwoch, Mai 21, 2025
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Selbstbestimmt bis zuletzt

12. Betreuertag unter dem Thema „Patientenverfügung“

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Main-Kinzig-Kreis. – „Betreuerinnen und Betreuer nehmen eine verantwortungsvolle Tätigkeit wahr. Sie unterstützen Menschen, die Hilfe brauchen, wenn diese nicht mehr dazu in der Lage sind, sich um grundlegende Dinge des Alltags zu kümmern“, sagte Landrat Thorsten Stolz beim Betreuertag in der Rodenbachhalle in Niederrodenbach. Bereits zum zwölften Mal hatte das Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr im Main-Kinzig-Kreis gemeinsam mit dem Betreuungsverein Main-Kinzig e.V. zu dieser Informationsveranstaltung eingeladen. In diesem Jahr lautete das Schwerpunktthema am Nachmittag „Patientenverfügung“. Gerhard Kleespies, Erster Vorsitzender des Betreuungsvereins, begrüßte die Gäste der Nachmittagsveranstaltung: „Die etwa 100 haupt- und ehrenamtlichen Mitglieder des Vereins führen rund 160 Betreuungen in der Region. Hinzu kommen Beratungsgespräche, Schulungen und Vorträge. Wer altersbedingt oder aufgrund einer körperlichen, psychischen oder seelischen Beeinträchtigung nicht für sich selbst sorgen kann, benötigt Unterstützung. Diese Unterstützung geben wir – und ermöglichen Schutzbedürftigen ein würdevolles Leben.“

Bevor Dr. Maria Haas-Weber, Fachärztin für Allgemein- und Palliativmedizin, mit ihrem Impulsvortrag die Grundlage für die anschließende Podiumsdiskussion legte, dankte der Landrat den ehrenamtlichen wie den hauptamtlichen Betreuerinnen und Betreuern für deren „herausragendes Engagement“. „Sie stehen Betroffenen nicht nur rechtlich zur Seite, wenn es um Bankgeschäfte und Vermögensverwaltung, Wohnen, Versicherungen oder Verträge geht. Sie unterstützen, hören zu, handeln mit Empathie und Menschlichkeit“, so Thorsten Stolz.

Dr. Maria Haas-Weber widmete sich dem Thema „Die Kunst des Lebens und die Kunst des Sterbens. Für und Wider der Patientenverfügung“. Sie stellte die Frage, wann und in welcher Form es sinnvoll ist, medizinische oder lebenserhaltende Maßnahmen in einer Patientenverfügung festzulegen. Im Fokus stand dabei der Moment, in dem ein Mensch nicht mehr in der Lage ist, selbstbestimmt zu entscheiden. Die Hauptaufgabe von Betreuerinnen und Betreuern sieht die Palliativärztin darin, die Autonomie der Betreuten zu wahren. Sie zitierte Cecily Saunders, die die Palliativmedizin maßgeblich geprägt hat: „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben“. Damit brachte sie ihr zentrales Anliegen zum Ausdruck: Palliativmedizin bedeute, die Lebensqualität der Menschen zu erhalten. Die Referentin sprach sich dafür aus, eine Patientenverfügung immer wieder mit Leben zu füllen. Nur so seien Entscheidungen möglich, die dem Wunsch und dem Willen der Betroffenen entsprechen.

Anschließend diskutierten Wolfgang Lenz, Leiter des Amtes für Gesundheit und Gefahrenabwehr, Silvia Fuß vom Expertenteam Palliative Pflege der Alten- und Pflegezentren des Main-Kinzig-Kreises, Marion Perner, gesundheitliche Vorsorgeplanung in der letzten Lebensphase der Martin Luther Stiftung Hanau, Regina Hüttig, ambulante Pflege der Diakonie Rodenbach, und Dr. Maria Haas-Weber in einer Podiumsdiskussion Aspekte der Patientenverfügung. Dr. Helmut Ernst, Vorstandsmitglied des Betreuungsvereins, moderierte die Runde.

Alle Teilnehmenden waren sich einig: Es ist sinnvoll, eine Patientenverfügung aufzusetzen – und das nicht erst in fortgeschrittenem Alter. Diese sollte regelmäßig an persönliche Lebenssituationen angepasst werden. Nur so bleibe die Selbstbestimmung gewahrt.

„Gebrechlichkeit ist kein linearer Prozess“, sagte Marion Perner, die bei der Martin Luther Stiftung Hanau für die gesundheitliche Vorsorgeplanung für die letzte Lebensphase zuständig ist. „Deshalb ist es so wichtig, dass Angehörige, Bevollmächtigte oder rechtliche Betreuerinnen und Betreuer im Gespräch bleiben. Wer regelmäßig miteinander spricht, kann besser auf Veränderungen reagieren und erhält mehr Sicherheit und Vertrauen auf beiden Seiten.“

Regina Hüttig bedauerte, dass in der ambulanten Pflege mittlerweile die Zeit fehle, gemeinsam mit den Klientinnen und Klienten eine Patientenverfügung zu erstellen. Ihr Team verweist deshalb auf Ansprechpersonen oder Institutionen, die in dieser Frage beraten und beim Erstellen unterstützen. Sie erlebe zudem in ihrem Arbeitsalltag, dass immer mehr Menschen keine Angehörigen hätten, und fragte in die Runde: „Wer entscheidet für diese Menschen? Vor allem, wenn es Monate dauert, bis ein rechtlicher Betreuer bestimmt ist?“

Silvia Fuß betonte, dass eine schriftlich festgehaltene Verfügung vor allem in ethisch schwierigen Situationen hilfreich sei. Sie gebe Angehörigen und Ärztinnen oder Ärzten mehr Sicherheit, im Sinne der Betroffenen zu handeln.

Dr. Wolfgang Lenz riet, mit der Patientenverfügung nicht zu lange zu warten: „Sie muss keiner bestimmten Form entsprechen. Auch handschriftlich ist sie gültig – entscheidend ist, dass der Wille klar erkennbar ist.“ Dazu gehöre auch die Entscheidung über eine Organspende. Wie Dr. Haas-Weber sieht auch er die Vorsorgevollmacht als ebenso wichtig an. Er bestätigte zudem, dass Notärzte und Rettungskräfte bei akuten Einsätzen trotz Patientenverfügung handeln müssten. „Im Notfall haben Helfen und Retten Vorrang“, so Wolfgang Lenz.

Informationen rund um das Thema „Patientenverfügung“ sind auf den Seiten des Bundesjustizministeriums zu finden: www.bmj.de . Dort sind auch Textbausteine als Formulierungshilfe bereitgestellt.

Bildunterschrift Werten den Betreuertag als vollen Erfolg: Dr. Wolfgang Lenz, Leiter des Amtes für Gesundheit und Gefahrenabwehr, Natalie Diehl, Sachgebietsleitung Betreuungsbehörde des Main-Kinzig-Kreises, Hannelore Hann, Geschäftsführerin des Betreuungsvereins Main-Kinzig, Palliativärztin Dr. Maria Haas-Weber, Landrat Thorsten Stolz, Rodenbachs Bürgermeister Klaus Schejna, Moderator Dr. Helmut Ernst und Gerhard Kleespies, Vorsitzender des Betreuungsvereins Main-Kinzig. (v.l.)

 

Quelle: Redaktion MKK Echo

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