Samstag, November 23, 2024
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Organspende: Viele haben sich noch nicht entschieden

Tag der Organspende erinnert an die Tausenden Wartenden und dankt Spendern

Main-Kinzig-Kreis. – Vergangenes Jahr haben rund 8.500 Personen in Deutschland auf ein Spende-Organ gewartet; gespendet haben aber nur knapp 930 Personen (im Durchschnitt drei Organe). Jeden ersten Samstag im Juni – dieses Jahr am Samstag, 4. Juni – ist Tag der Organspende. Damit soll den Spendern gedankt und auf das Thema aufmerksam gemacht werden. Zu Recht, denn laut einer diesjährigen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben 36 Prozent der Befragten noch keine Entscheidung darüber gefällt, ob sie bereit wären, im Todesfall ein Organ zu spenden. Weitere 17 Prozent haben ihre Entscheidung zwar getroffen, aber nicht dokumentiert. Die Dokumentation ist aber sehr wichtig, denn damit erhalten die Angehörigen Sicherheit, was im Todesfall passieren soll – danach werden die Familien in bestimmten Fällen vom Krankenhausarzt gefragt.

Unter denjenigen, die noch keine Entscheidung zum Thema Organspende getroffen haben, sagt ein Drittel, dass es sich damit auch nicht beschäftigen will (Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA 2020). „44 Prozent jedoch haben sich noch nicht oder nicht ausreichend damit auseinandergesetzt – und insbesondere sie wollen wir mit Informationen erreichen“, sagt Dr. Wolfgang Lenz, Leiter des Amts für Gesundheit und Gefahrenabwehr.

Unter Gesundheitsminister Jens Spahn wurde das „Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ beschlossen. Grundlegende Änderungen gab es nicht, in Deutschland gilt immer noch die „Entscheidungslösung“. Das bedeutet: Es dürfen nur Organe oder Gewebe entnommen werden, wenn die hirntote Person sich zu Lebzeiten dafür entschieden hat. Dieses Vorgehen hat großen Einfluss auf die Spendebereitschaft. In den meisten europäischen Ländern ist es umgekehrt: Wer sich nicht in einem Widerspruchsregister einträgt, wird nach seinem Tod automatisch zum Organ-Spender („Widerspruchslösung“). Dadurch gibt es beispielsweise in Österreich doppelt so viele Spender pro einer Million Einwohner als in Deutschland (Jahresbericht 2020 der Deutschen Stiftung Organtransplantation). In Deutschland wird derzeit ein Register mit gegenteiligem Ziel aufgebaut: Man trägt sich ein, wenn man bereit ist, zu spenden. Bis zur Fertigstellung oder zusätzlich kann der Organspendeausweis ausgefüllt oder es können Details in der Patientenverfügung genannt werden.

Gespendet werden können die Organe Niere (mit Abstand am häufigsten benötigt), Herz, Leber, Lunge, Bauchspeicheldrüse oder Dünndarm. Unter Gewebe-Spenden können Herzklappen sein, Knochengewebe, Bauchspeicheldrüsen, Blutgefäße oder auch Hornhaut, die den Patienten nach der Transplantation zu mehr Sehleistung verhilft. Man kann seine Spenden-Einwilligung auch nur für bestimmte Organe oder Gewebe erteilen. Eine Lebendspende – beispielsweise spendete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seiner Frau eine Niere – ist in Deutschland nur unter engen Verwandten oder eingetragenen Lebenspartnern möglich, um Organhandel zu verhindern.

In der Gruppe von Personen, die sich in einer BZgA-Umfrage gegen eine Organspende aussprach, sagten 18 Prozent, dass sie grundsätzlich gegen eine Organspende oder lebensverlängernde Maßnahmen seien. 13 Prozent äußerten Angst vor Missbrauch, 11 Prozent religiöse oder ethische Gründe und 7 Prozent Angst bezüglich des Todes bei der Organentnahme (Mehrfachnennung möglich). „Ein Organ darf erst entnommen werden, wenn jemand hirntot ist. Das bedeutet, dass die gesamten Hirnfunktionen endgültig ausgefallen sind“, erklärt Dr. Wolfgang Lenz. „Diesen Zustand müssen mindestens zwei Fachärzte feststellen – nie am Unfallort, sondern auf einer Intensivstation“, erläutert Dr. Lenz. Das mehrstufige Verfahren ist von der Bundesärztekammer festgelegt.

Die bundesweite Koordination einer Organspende übernimmt die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO). Diese meldet den Spender an die Organvermittlungsstelle Eurotransplant, an der neben Deutschland auch Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Österreich, Kroatien, Ungarn und Slowenien beteiligt sind. Nach der Organentnahme wird die Wunde sorgfältig verschlossen, sodass der Leichnam in einem würdigen Zustand den Angehörigen übergeben wird. Die Reihenfolge auf der Warteliste auf ein Organ wird von einem Algorithmus bestimmt, der verschiedene Kriterien zur Erfolgsaussicht und Dringlichkeit berücksichtigt. Sowohl dem Organempfänger als auch dem Spender ist es nicht möglich, die Kontaktdaten des jeweils anderen zu erfahren.

In Deutschland wurde entschieden, das Informationsangebot für potenzielle Spender zu erweitern. So können Hausärzte zum Thema beraten oder Ausweisstellen Aufklärungsmaterial aushändigen. Fest steht: Niemand sollte dazu gedrängt werden, eine bestimmte Entscheidung zu treffen. Aber eine Entscheidung zu fällen ist sinnvoll und kann viele Leben retten, schließlich sind mehr als 80 Prozent der Deutschen einer Organ- oder Gewebespende gegenüber positiv eingestellt.

Mehr Informationen zum Thema Organspende sowie Vorlagen und Bestellmöglichkeiten für Organspendeausweise bietet die Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BZgA) unter www.organspende-info.de an. Fragen beantwortet auch das BZgA-Infotelefon Organspende unter der Nummer (0800) 9040400.

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