Freitag, Dezember 5, 2025
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Mehr Stadt – mehr Steuern:

Dr. Piesold kritisiert Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes in Hanau

Die Bundesrepublik gilt im Allgemeinen als ein Land mit überdurchschnittlich hoher
Abgaben- und Steuerquote. Dies belastet Unternehmen erheblich und führt im
internationalen Vergleich zu Wettbewerbsnachteilen. Besonders deutlich wird dies in
der Chemiebranche, wie der aktuelle Quartalsbericht von Evonik im November 2025
zeigt: Das bereinigte EBITDA sank im dritten Quartal 2025 um 22 % gegenüber Q3 2024.
Grund hierfür sind die schwache Nachfrage und die insgesamt schwierige Lage der
Branche. Evonik war jedoch eine der erfolgreichsten Industrieansiedlungen in meiner
Amtszeit als Wirtschaftsdezernent in Hanau.
Die geplante Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes in Hanau von 430 % auf 458 %,
also um etwa 6 %, stellt eine zusätzliche Belastung für die hiesigen Unternehmen dar.
Dies erscheint fragwürdig, da die Unternehmen in Hanau bereits mit rund 120 Mio. €
Gewerbesteuer einen erheblichen Beitrag zur Finanzierung der Stadt leisten. Trotz
historisch hoher Einnahmen reicht dies nicht aus, um einen ausgeglichenen Haushalt zu
gewährleisten. Grund dafür ist unter anderem die für 2026 geplante Auskreisung
(„Kreisfreiheit“), die den Haushalt durch höhere Personal- und Verwaltungskosten
weiter belasten wird. Weitere Prestigeprojekte, wie der Stadthof, belasten das Budget
zusätzlich. Vor diesem Hintergrund ist die Begründung für die Steuererhöhung – dass
externe Faktoren ausschlaggebend seien – kritisch zu hinterfragen.
Nach der Anhebung wird Hanau den dritthöchsten Hebesatz der Gewerbesteuer unter
den kreisfreien Städten und Sonderstatusstädten in Hessen haben. Frankfurt am Main
und Wiesbaden liegen bei 460 %, damit knapp über Hanau (458 %). Darmstadt folgt mit
454 %. Kassel und Offenbach haben deutlich niedrigere Sätze, und die
Sonderstatusstädte liegen alle deutlich unter Hanau. Beispiele für weitere Städte: Fulda
380 %, Wetzlar 390 %, Bad Homburg 395 %. Ein Vergleich mit den kreisangehörigen
Kommunen aus den Landkreisen Offenbach Land oder dem Main-Kinzig-Kreis zeigt
ebenfalls, dass Hanau mit der Steuererhöhung einen Standortnachteil schafft.
Besonders kritisch ist, dass innerhalb der Stadtverordnetenversammlung keine
nennenswerte Diskussion oder Widerstand gegen diese wirtschaftlich belastende Politik
zu beobachten ist. Sowohl CDU als auch FDP folgen als „treue“ Koalitionäre“ der SPD
und ihrem Oberbürgermeister. Die „Oppositionsparteien“ Grüne, BfH und Linke
unterstützen ebenso die steuerfinanzierte Politik. Deshalb sollten die Bürger wachsam
sein und sich nicht darauf verlassen, dass die Grundsteuer mittelfristig verschont bleibt
– zusätzliche Steuererhöhungen könnten in Zukunft kommen, da höhere städtische
Leistungen auch höhere Einnahmen erfordern.
Abschließend stellt sich die Frage, welchen wirtschaftspolitischen Weg Hanau
einschlagen möchte: Will man dem liberalen Ansatz von Ludwig Erhard oder Otto Graf
Lambsdorff folgen, der auf marktfreundliche Rahmenbedingungen setzt, oder eher einer
staatsfinanzierten Investitionspolitik à la Olaf Scholz und Robert Habeck? Bürgerinnen
und Bürger sollten auch der zukünftigen Oberbürgermeisterin oder dem zukünftigen
Oberbürgermeister deutlich machen, dass eine Wirtschaftspolitik, die die lokalen
Unternehmen belastet, langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt gefährden könnte.

Leserbrief: Dr. Ralf-Rainer Piesold

 

Quelle: Redaktion MKK Echo

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