Seit einigen Tagen erinnert in der Corniceliusstraße 12 eine Grüne Tafel mit Foto und Text an die jüdische Familie Koref, die bis zum Jahr 1938 dort wohnte, bis Nazischergen sie dort brutal überfielen und schließlich vertrieben.
Zur offiziellen Enthüllung der Tafel durch Oberbürgermeister Claus Kaminsky und Stadtverordnetenvorsteherin Beate Funck, kamen rund 30 Gäste, darunter auch Oliver Dainow von der jüdischen Gemeinde Hanau sowie zahlreiche Anwohnerinnen und Anwohner.
„Wir sind heute hier, um an Menschen zu erinnern, die während der NS-Diktatur entrechtet und verfolgt wurden. Wie viele jüdische Familien, erfuhr die Familie Koref brutale Gewalt, wurde misshandelt, beraubt und kam schließlich im Ghetto Theresienstadt ums Leben. Mit der Erinnerung an diese Menschen und die schreckliche Ungerechtigkeit, die ihnen zuteilwurde, möchten wir ihnen heute und hier auch ein Stück ihrer Würde zurückgeben“, sagt Oberbürgermeister Claus Kaminsky. Er dankte allen Beteiligten, die mit ihrem Engagement dazu beigetragen haben, die Erinnerung an die Familie Koref lebendig zu halten.
Martin Hoppe, Fachbereichsleiter Kultur, Stadtidentität und Internationale Beziehungen der Stadt Hanau las anschließend Auszüge aus den Prozessakten aus dem Jahr 1940, in denen die fünf Täter und ihre Taten detailliert beschrieben werden, wie sie Rechtsanwalt Dr. Leo Koref und seine Mutter Recha, in deren Wohnung überfallen, geschlagen und ausgeraubt hatten. Die Männer wurden dafür zu Gefängnisstrafen verurteilt. Doch für Dr. Leo Koref und seine Mutter kam die Sühne zu spät. Sie kamen beide 1942 im Ghetto Theresienstadt um.
Die Grünen Tafeln, die über die Geschichte der Stadt Hanau und ihrer Bürgerinnen und Bürger informieren gibt es seit dem 675jährigen Jubiläum zum Bestehen der Altstadt. Inzwischen existieren mehr als 100 Tafeln in Hanau und bieten ein niedrigschwelliges Angebot, um Geschichte zugängig zu machen.
Die Text auf der Tafel informiert wie folgt:
Im Haus Corniceliusstraße 12 wohnte bis 1939 der jüdische Rechtsanwalt Dr. Leo Koref (*1876) mit seiner Mutter Recha (*1854). Die Familie kam 1884 aus Rawitsch / Posen nach Hanau, als Vater Dr. Markus Koref (*1833) hier das Amt des Provinzialrabbiners übernahm.
Nach dessen Tod im Jahr 1900 erwarb Familie Koref das neu erbaute Haus. Dort lebte die Rabbinerwitwe zusammen mit ihren acht Kindern, zuletzt noch mit ihrem an Kinderlähmung erkrankten ältesten Sohn Leo. Nach dem Besuch der Hohen Landesschule studierte Leo Koref Jura in Berlin, München und Marburg, wurde 1898 promoviert und 1903 als Rechtsanwalt beim Landgericht Hanau zugelassen sowie 1920 zum Notar bestellt. Seine Kanzlei befand sich am Marktplatz 15. Er war Mitglied des Israelitischen Vorstehergremiums, der Ferdinand-Gamburg-Loge und Autor mehrerer juristisch-historischer Abhandlungen.
Unter dem NS-Regime begann auch seine Entrechtung und Verfolgung: Am 7.6.1933 erfolgte die Entlassung als Notar, 1938 wurde ihm die Zulassung als Rechtsanwalt entzogen. Ab diesem Zeitpunkt durfte er nur noch als “Rechtskonsulent für Juden“ arbeiten, wobei er diese Tätigkeit in der Corniceliusstraße 12 ausübte. Im Zuge der Reichspogromnacht drangen am Abend des
13.11.1938 mit Pistolen bewaffnete und maskierte Nationalsozialisten in das Haus ein, verwüsteten die Wohnung, beraubten die Überfallenen und misshandelten sie schwer.
Am 1.4.1939 übersiedelte Dr. Koref in die Westendstraße 78 nach Frankfurt, nachdem seine Mutter bereits zuvor in der Stadt Zuflucht gefunden hatte. Am 18.8.1942 wurde Dr. Koref aus dem Jüdischen Krankenhaus / Altenpflegeheim Gagernstraße 36, seine Mutter aus dem zu einem sog. NS-Sammellager umgewandelten Jüdischen Altenheim in der Wöhlerstraße 6 von Frankfurt aus in das Ghetto Theresienstadt verschleppt und ihr Vermögen eingezogen.
Recha Koref kam am 1.9.1942, Dr. Leo Koref am 17.10.1942 in Theresienstadt ums Leben.
Patenschaft der Gedenktafel: Hanauer Bürger
Foto: Dr. Leo Koref an seinem 50. Geburtstag 1926 (Hanauer Geschichtsverein 1844 e.V., Stadtarchiv Hanau)
Pressekontakt: Ute Wolf
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Grüne Tafel – Familie Koref
© Stadt Hanau
Quelle: Redaktion MKK Echo

