Man kann vor dieser jungen Mannschaft nicht oft genug den Hut ziehen. Stark ersatzgeschwächt und mit den wohl schwersten drei Wochen ihres Lebens im Rücken spielte sich der TV Gelnhausen am 22. Spieltag in der 3. Handball-Liga Süd-West beim TV Homburg eine große Last von den Schultern und gewann sensationell mit 34:26 (13.12). Es war ein Mentalitätssieg und ein Sieg für Tim Altscher. Dank des Erfolges klettert der TVG mit 20:22 Punkten auf den achten Tabellenplatz.
Wer befürchtet hatte, dass die Barbarossastädter nach dem Tod ihres Freundes und Teamkameraden sowie der anschließenden Heimniederlage gegen den Tabellenletzten TV Aldekerk in eine Negativspirale hineinrutschen könnten, wurde eindrucksvoll eines Besseren belehrt. Tims Trikot war in der Kabine, auf der Bank, beim anschließenden Jubel mit den Fans und beim obligatorischen Siegerselfie überall mit dabei. Doch im Gegensatz zum Spiel gegen Aldekerk schienen die Gedanken an Tim die Mannschaft nicht zu lähmen, sondern vielmehr zu beflügeln.
Diesen Fokuswechsel hinzubekommen, ist bemerkenswert und macht aus einer guten Mannschaft eine besondere. „Natürlich haben wir für Tim gespielt. Wir wussten alle, dass er sich nichts mehr wünschen würde als einen Sieg. Also haben wir unser Herz in beide Hände genommen und um jeden Ball gekämpft“, sagte Kapitän Jonathan Malolepszy stellvertretend für das gesamte Team. Lob kam anschließend von ganz besonderer Stelle. „Die Altschers sind stolz auf euch“, beglückwünschten Tims Eltern die Mannschaft via Instagram.
„Die Jungs sind noch mitten im Verarbeitungsprozess. Gerade am Anfang hat man die Verunsicherung noch gemerkt. Dann sind wir immer mehr ins Laufen gekommen. Heute konnten wir uns schon viel besser auf das Spiel einstellen, als noch in der Vorwoche. Man merkt, dass ein Prozess im Gange ist und der Fokus langsam wieder zurückkehrt“, war Cheftrainer Matthias Geiger glücklich über den Auftritt seiner Jungs.
Ausgerechnet bei der Mannschaft der Stunde, die vier ihrer letzten fünf Spiele gewinnen konnte, zeigten Malolepszy und Co., was in dieser Gelnhäuser Mannschaft steckt. Dabei ging der Kapitän voran. Malolepszy, während der gesamten Saison von Rückenprobleme geplagt, kam immer mal wieder zu Kurzeinsätzen, um seinen Mitspielern Verschnaufspausen zu gönnen. Auch Felix Reinhardt, nach einer langen Verletzung noch längst nicht bei hundert Prozent, stellte sich in den Dienst der Mannschaft und nahm einige Minuten von der Uhr. Dazu biss Winterneuzugang Simon Belter nach seinem Nasenbeinanbruch auf die Zähne und stand Matthias Geiger ebenfalls zur Verfügung. Belter sollte am Ende gar vier Treffer erzielen.
Und der Rest? Er kämpfte, rackerte und spielte phasenweise groß auf, sehr zur Freude der rund 20 mitgereisten TVG-Fans. Dabei tat man sich vor 347 Zuschauern in der Robert-Bosch-Halle zunächst schwer. So konnte der TV Homburg nach sieben Minuten bereits mit 5:2 in Führung gehen. „Wir haben etwas zögerlich angefangen und waren nicht so konsequent wie wir uns das vorgenommen hatten“, sagte Geiger.
Im Anschluss ließ der TV Gelnhausen aber eine höhere Führung der Homburger nicht zu, sondern konnte sich immer wieder herankämpfen. Kurz vor der Pause sorgte dann Yannik Mocken mit einem Doppelschlag für die Wende. Zunächst verwandelte er einen Tempogegenstoß zum 11:11. Und nach einer Parade des starken Julian Lahme netzte Mocken in der 27. Minute zur erstmaligen Führung (12:11) ein. Mit einem 13:12 aus Sicht des TVG ging es in die Pause.
In der zweiten Hälfte legte der TV Gelnhausen einen besseren Start hin, konnte sich zunächst aber nicht entscheidend absetzen. Die Homburger versuchten immer wieder das Angriffsspiel des TVG durch eine sehr offensive Deckung zu stören, handelte sich dadurch aber vermehrt Zeitstrafen ein, die der TVG wiederum zu nutzen wusste. So stand es in der 39. Minute noch 18:17 für die Gelnhäuser, die dann jedoch einen 7:1-Lauf hinlegten und in der 47. Minute durch ein Tor von Silas Altwein zum 25:18 entscheidend davonzogen. Während dieses herausragenden Laufes, sah der Spieler Muhamet Durmishi vom TV Homburg in der 43. Minute eine rote Karte wegen seiner dritten Zeitstrafe, was die Heimmannschaft zusätzlich für den Rest des Spiels schwächte.
In der Schlussphase der Partie ließ der TVG nicht mehr anbrennen. Der TV Homburg versuchte in den letzten Minuten zwar noch einmal alles und nahm den Torwart für einen weiteren Feldspieler vom Platz. Dadurch gelangen dem TVG jedoch einige einfache Treffer ins leerstehende Tor, sodass man zeitweise einen Zehn-Tore-Vorsprung rausspielen konnte. Am Ende gewann Gelnhausen souverän mit 34:26. Die erfolgreichsten Torschützen waren an diesem Abend Mocken (8), Malolepszy (7), der sechs von sieben Siebenmetern verwandeln konnte, und Altwein (6), während bei der Heimmannschaft Yves Kunkel mit acht Treffern der beste Schütze war.
„In der zweiten Hälfte konnten wir unsere Nervosität ablegen und unsere Überzahl nutzen. Die Ausbeute aus unseren Abschlüssen konnten wir deutlich verbessern und in der Abwehr waren wir auch wesentlich konsequenter. Am Ende steht ein souveränes Ergebnis, das jedoch viel Arbeit war“, lobte Geiger den Auftritt seiner Mannschaft. „Wir haben es heute versucht mit einer offensiven Abwehr zu lösen, konnten die Durchbrüche des TV Gelnhausen aber nicht das ganze Spiel über verhindern. In Unterzahl können wir so ein Spiel am Ende nicht gewinnen“, sagte Trainer Steffen Ecker vom TV Homburg zum Spiel.
Nach einer Spielpause gastiert als nächstes der sechstplatzierte Longericher SC Köln am 23. März (19.30 Uhr) in der Rudi-Lechleidner-Halle.