Niederdorfelden. Noch ist die Betreuung schulpflichtiger Kinder am Nachmittag in den Schulen des Main-Kinzig-Kreises freiwillig. Das soll sich nach dem Willen des Landkreises ab dem kommenden Jahr ändern. Ab diesem Zeitpunkt hat dann nämlich jedes Schulkind ein Anspruch auf einen Betreuungsplatz am Nachmittag. Eine Riesenaufgabe für den Landkreis, weil die Umsetzung des „Pakts für den Ganztag“ nicht nur eine zentrale bildungspolitische Aufgabe ist, sondern auch ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag, umso die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachhaltig zu stärken, wie der Schuldezernent des Landkreises Jannik Marquart (CDU) erst kürzlich betonte. Bisher gab es eine Vielzahl von Betreuungsangeboten, auch im Kreisgebiet, die beispielsweise als Hortangebote oder als Profil 1- oder Profil 2-Angebote organisiert wurden und für deren Teilnahme die Eltern auch unterschiedlich zur Kasse gebeten wurden. Weil nun der Kreis ab kommenden Jahr den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung umsetzen muss, hat er als erstes die Richtlinien für die Schülerbetreuung an den 72 Grundschulen im Kreisgebiet überarbeitet und naturgemäß auch die Gebühren, die auf die Eltern für die Betreuung ihrer Schulkinder zukommen, neu gefasst.
Letzteres ist nicht überall gut angekommen. Beispielsweise in Niederdorfelden. Dort haben sich die Eltern an der örtlichen Struwwelpeterschule zusammengesetzt und eine Petition formuliert, die anschließend von rund 350 Eltern unterschrieben wurde. So heißt es beispielsweise in der Petition, dass es sich nicht erschließe, wie drastische und sozial nicht gestaffelte Gebührenerhöhung dem eigentlichen Ziel des Pakts für den Ganztags dienen solle. Weil aber die Betreuung zu mehr Bildungsgerechtigkeit, zu einer besseren Förderung und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie beitragen soll und Bildung und Betreuung für alle Kinder zugänglich bleiben müsse, solle die neue Gebührenordnung deshalb nach dieser Petition auch unabhängig vom Einkommen der Eltern gestaffelt sein.
Wesentlicher Punkt sind dabei die neuen Gebühren. „Von 60 auf 80 oder 120 auf 160 Euro, je nach Betreuungszeit. Der Sprung ist den Eltern einfach zu groß“, fasst Bürgermeister Klaus Büttner (SPD) den Unmut der Eltern zusammen. Weil auch die Gemeinde nicht einspringen und die Kosten für die Eltern etwas abfedern kann, ist Büttner zusammen mit Vertretern des Elternbeirat der Struwwelpeter-Schule nach Gelnhausen zu der Kreisverwaltung gefahren, um mit dem Schuldezernenten Jannik Marquart (CDU) über eine erneute Änderung der Gebührenordnung zu verhandeln. Den Auftrag hatte Büttner zudem von der Gemeindevertretung weniger Tage zuvor erhalten. In dem Gespräch machte Marquart der kleinen Delegation aus Niederdorfelden klar, dass dem Kreis sehr wohl bewusst ist, dass die finanzielle Situation vieler Familien angespannt ist und dass auch die neue Gebühr nur möglich geworden sei, weil der Kreis zusätzlichen einen Zuschuss von 700 Euro pro Kind und Jahr an die Betreuungsträger leiste. Nur dadurch sei es möglich gewesen, die Elternbeiträge auf einem ähnlichen Niveau wie bisher halten zu können. Zahlte der Kreis im Jahr 2022 noch rund 1,7 Mio. Zuschüsse an 24 Schulen aus, die im Pakt für den Ganztag waren, so rechnet der Kreisbeigeordnete in diesem Jahr bereits mit einem Zuschuss von mehr als 3,7 Mio. Euro. Und das für nur 45 Schulen, die an dem Pakt teilnehmen. Im kommenden Jahr rechnet er mit einer fast Verdoppelung des Betrages bei dann 72 Schulen. Auch wenn Marquart den Eltern und dem Bürgermeister am Ende des Gesprächs nicht all zu viele Hoffnung machte, so versprach er doch, das Thema in der Koalition noch einmal ansprechen zu wollen. Nach der Sommerpause will er sodann die Betroffenen über etwaige Änderungen oder Entwicklungen informieren.
Jürgen W. Niehoff
2 Fotos anbei
1. Auch Niederdorfeldens Bürgermeister Klaus Büttner kümmert sich um die Schülerbetreuung
2. Ansicht der Niederdorfelder Struwwelpeter-Grundschule
Quelle: Jürgen W. Niehoff