Im zweiten Büdesheimer Schlosskonzert, das im Dorfgemeinschaftshaus Oberdorfelden stattfand, hatten die Musikschule Schöneck-Nidderau-Niederdorfelden und der Förderkreis Büdesheimer Schlosskonzerte die Wiesbadener Flötistin Olga Reiser zu Gast. Diese begann mit 7 Jahren in Jekaterinburg Flöte zu spielen, besuchte für einen Wettbewerb mit 17 Jahren zum ersten Mal Deutschland, verliebte sich ins Land, studierte in Würzburg und blieb.
Bereits 2020 brillierte sie im Schlosskonzert, ihr Programm „Flute Tales-Geschichte einer Flöte“ versprach Spannung, denn die Querflöte ist vor allem Orchester- und Kammermusikinstrument. Olga Reiser schilderte anschaulich, wie ihr 2019 die Idee zu einem Soloprogramm kam, das sie 2021 als CD herausbrachte. Ihre Werkauswahl zeigt, wie sich die Flöte über die Zeiten wandelt. Dass eine Musikerin ihre eigene Vita mit Werken verbindet, erfuhr man in Olga Reisers Moderation.
Der Einstieg ins Programm bestand aus Niccolò Paganinis virtuoser Caprice No.24, für Violine komponiert und mit so großen Intervallsprüngen versehen, dass sie zweistimmig erscheint. Olga Reiser nutzt die Caprice nach eigenen Worten, um festzustellen, ob sie noch „fit“ sei. Die folgenden Werke umfassten originale Literatur: Zunächst Debussy’s „Syrinx“, dann Eugéne Bozzas „Image“, das sie mit ihrem ersten Deutschlandbesuch verbindet. Mit einer Tangoetüde Astor Piazzollas leitete sie zu zeitgenössischer Flötenliteratur über: Ian Clarke, selbst Flötist, komponierte 1999 „Zoom tube“, der Blick in die Zukunft für Olga Reiser. Die Flöte als Geräuschinstrument, mit Multiphonics gespielt, percussiv, jazzig, effektvoll. Das Publikum applaudierte begeistert! Vor der Pause spielte Olga Reiser noch Ian Clarkes „The Great Train Race“, welches das gesamte Klangspektrum verschiedener Dampflokomotiven abzubilden schien. Höhepunkt darin der eine Minute und zwanzig Sekunden andauernde Triller, nur mit Permanentatmung zu bewältigen. Eine großartige Leistung!
Der zweite Teil des Konzertes startete mit einem besonderen Mitspieler: Einem nervend piependen Wecker, vom Berliner Flötisten Tilmann Dehnhard in seine Komposition „Wake Up“ für Piccolo eingebaut, um den Studenten gleichmäßiges Spiel beizubringen. Wer bis dahin noch nicht wach war, der wurde bei den schrillen Klängen schnell munter.
Seit Ende der 80-er entstand als Stilrichtung „Beatboxing“, bei der Schlagzeug- und Percussionsrhythmen mit Mund, Nase und Rachen imitiert werden. Bei der Flöte gut umsetzbar, da das Mundstück vor den Lippen liegt und somit der Ansatz frei bleibt, die Ausführung bleibt dem Spielenden überlassen. Greg Patillo komponierte „Three Beats for Beat Box Flute“, die von Olga Reiser genial interpretiert wurden, zeitweise schien es, als stelle sie eine gesamte Band dar. Trotz ihrer klassischen Ausbildung ist Olga Reisers Leidenschaft die Jazzimprovisation. In ihrer Improvisation „Visions“ arbeitet sie neben der Altflöte mit Loopstation und Beatboxing, so dass ein ganzes Flötenorchester entsteht. Mit einer halsbrecherischen Walzerimprovisation beendete Olga Reiser ihr außergewöhnliches Konzert. Im 3. Büdesheimer Schlosskonzert ist am 3. Juli, 17 Uhr in der Andreaskirche Büdesheim das ARTIS GitarrenDuo zu Gast. www.musikschule.online