Montag, August 11, 2025
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Barrierefreiheit ist kein Sommerloch-Thema

Die im Main-Echo vom 9. August 2025 wiedergegebene Behauptung der SPD Rodenbach, das Thema Barrierefreiheit werde lediglich als Bühne genutzt, greift zu kurz und blendet zentrale Aspekte der Debatte in der Gemeindevertretung Rodenbach aus. Barrierefreiheit ist nicht nur ein politisches Schlagwort, sondern eine gesetzlich verankerte Verpflichtung. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) verpflichtet Träger öffentlicher Gewalt, Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen zu vermeiden und Barrierefreiheit im Bauwesen und im Verkehrsraum aktiv umzusetzen; diese Verpflichtung gilt auch für das kommunale Handeln in Rodenbach.
Technische Regelwerke wie die RASt06 (Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen) sowie einschlägige DIN-Normen, insbesondere DIN 18040-1/-3, legen konkrete Anforderungen an Gehwegbreiten, Neigungen, Bordsteinabsenkungen, Begegnungsflächen und taktile Hilfen fest. Diese Vorgaben sind keine bloßen Empfehlungen, sondern fachlich anerkannte Grundlagen für Planung und Priorisierung kommunaler Infrastrukturmaßnahmen. Sie definieren Mindest- und Regelmaße sowie Neigungsgrenzen, die für die sichere Nutzung durch Rollstuhlfahrende und Personen mit Rollatoren erforderlich sind.

Die kommunale Straßenbaulast verpflichtet Gemeinden, Straßen so zu unterhalten, dass sie dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechen, und dabei die Belange von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen zu berücksichtigen. Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht sind regelmäßige Kontrollen und ein strukturiertes Vorgehen zwingend erforderlich. Langfristig erkennbare Mängel, die bei ordnungsgemäßer Überprüfung hätten festgestellt werden können, dürfen nicht unbeachtet bleiben. Eine reine Datenerhebung – wie sie aktuell von der SPD in der Presse erwähnt wurde – ersetzt kein belastbares Konzept zur Umsetzung von Barrierefreiheit.

Gerade in Rodenbach zeigt sich, dass zahlreiche Straßen – nicht nur im historischen Ortskern – den seit Jahren geltenden Anforderungen der RASt06 und den einschlägigen DIN-Normen nicht entsprechen. Dies ist fachlich nachvollziehbar, da ohne ein integriertes Konzept zur Sanierung und Anpassung bestehender Straßen punktuelle Maßnahmen häufig nicht ausreichen, um grundlegende Mängel zu beseitigen.

Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass in der Sitzung der Gemeindevertretung entsprechende Anträge zur Erstellung eines Maßnahmenkonzepts von der SPD abgelehnt wurden und erst nachträglich in der Presse darauf hingewiesen wird, dass bereits Daten erhoben und nun auch für Zwecke der Barrierefreiheit ausgewertet würden. Wären diese Informationen in der Debatte transparent dargestellt worden, hätten sie in die inhaltliche Abwägung einfließen können. Ohne ein Konzept mit klaren Prioritäten, Zuständigkeiten und Zeitplänen bleibt eine Datensammlung jedoch ein unvollständiger Zwischenschritt.

Barrierefreiheit im öffentlichen Raum in Rodenbach ist ein fortlaufender Prozess, der klare Zielsetzungen, nachvollziehbare Planungen und transparente Kommunikation erfordert. Nur so kann gewährleistet werden, dass alle Bürgerinnen und Bürger ihre Gemeinde sicher und selbstständig nutzen können.

 

Quelle: Dr. Oliver Everling

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