DStGB-Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Verkehr tagte in Bad Soden-Salmünster – Kommunen fordern mehr Investitionen in Verkehrswege, Erhalt europäischer Förderstrukturen und weniger Bürokratie
Die Kurstadt Bad Soden-Salmünster war in dieser Woche Gastgeber des Ausschusses für Wirtschaft, Tourismus und Verkehr des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB). Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus dem gesamten Bundesgebiet reisten an, um über aktuelle Herausforderungen der kommunalen Infrastruktur-, Wirtschafts- und Förderpolitik zu beraten.
Die Stadt präsentierte sich dabei von ihrer besten Seite: Bei herbstlichem Sonnenschein, gastfreundlicher Atmosphäre und hervorragender Unterbringung im Hotel Birkenhof fühlten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer rundum wohl. Einige nutzten die Gelegenheit, den dienstlichen Aufenthalt um weitere Urlaubstage zu verlängern und die Spessartregion näher kennenzulernen. Bürgermeister Dominik Brasch zeigte sich erfreut: „Es war uns eine Ehre, dass wir Bad Soden-Salmünster als Tagungsort für den DStGB-Ausschuss präsentieren konnten. Unsere Stadt steht beispielhaft für die Themen, die auch im Mittelpunkt der Beratungen standen – leistungsfähige Infrastruktur, starke mittelständische Unternehmen und ein vitaler ländlicher Raum, die alle unter besonderem Druck stehen und gestärkt werden müssen“
Im Fokus der Sitzung stand die kommunale Verkehrsinfrastruktur, die in vielen Städten und Gemeinden vor einem Kipppunkt steht. Straßen, Brücken und Schienen sind oft sanierungsbedürftig, der Investitionsstau wächst seit Jahren. Die Mitglieder des Ausschusses machten deutlich, dass die Mittel aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ schnell, unbürokratisch und in großem Umfang direkt bei den Städten und Gemeinden ankommen müssen. Nur so könne eine nachhaltige Verbesserung der kommunalen Verkehrsinfrastruktur erreicht werden.
Der Investitionsrückstand allein bei der kommunalen Verkehrsinfrastruktur beträgt nach aktuellen Zahlen der KfW rund 53,4 Milliarden Euro. Dringend notwendige Zukunftsinvestitionen sind darin noch nicht enthalten. Gleichzeitig geraten die kommunalen Haushalte zunehmend unter Druck: Für 2025 wird bundesweit mit einem Defizit von über 30 Milliarden Euro gerechnet – ein neuer Höchststand, der die Handlungsfähigkeit vieler Städte und Gemeinden massiv einschränkt.
Die Ausschussmitglieder begrüßten das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für Länder und Kommunen als wichtigen Schritt, machten aber deutlich, dass dieses die enormen Investitionsstaus in den Kommunen nicht auflösen kann. Ein Großteil der Straßen- und Brückeninfrastruktur liegt in kommunaler Baulast – deshalb müssen die Bundesmittel konsequent von den Ländern an die Städte und Gemeinden weitergeleitet werden. Zudem brauche es dringend strukturelle Reformen in der Finanzverteilung des Staates und eine Begrenzung bei den Ausgaben, um die Kommunen dauerhaft wieder handlungsfähig zu machen. Ein zentraler Hebel wäre ein höherer kommunaler Anteil an den Gemeinschaftssteuern.
„Die kommunale Verkehrsinfrastruktur ist das Rückgrat einer immer mobiler werdenden Gesellschaft und des Wirtschaftsstandorts Deutschland – aber sie bricht an vielen Stellen weg. Das Sondervermögen für Länder und Kommunen ist richtig, wird aber den Investitionsstau absehbar nicht beheben können. Dazu brauchen wir einen Dreiklang aus Bürokratieabbau, finanzieller Entlastung der Kommunen und einer besseren Finanzausstattung für zusätzliche Investitionen“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses, Bürgermeister Ingo Hacker (Neuhausen auf den Fildern).
Bürgermeister Dominik Brasch, der die Sitzung in seiner Heimatstadt mit ausrichtete, ergänzte: „Für die Umsetzung des Sondervermögens braucht es Vertrauen statt Bürokratie. Anstelle aufwendiger Verwaltungsverfahren und Nachweispflichten müssen Stichproben genügen. Die Kommunen wollen die Investitionen zügig auf die Straße bringen – das muss mit den knappen Personalressourcen vor Ort auch möglich sein.“
Die verfügbaren Mittel aus dem Sondervermögen sollen gezielt für Projekte in den Kommunen eingesetzt werden – für den Straßenbau und die Sanierung maroder Brücken, für die Modernisierung des Nahverkehrs durch barrierefreie Bahnhöfe und emissionsfreie Fahrzeuge. Darüber hinaus sollen auch Projekte finanziert werden können, die sowohl militärischen als auch zivilen Zwecken dienen. Hierfür bilden das Sondervermögen des Bundes sowie die zusätzlichen Verschuldungsmöglichkeiten nach dem Grundgesetz für militärische Ausgaben die Grundlage.
„Die kommunale Verkehrsinfrastruktur ist zugleich Voraussetzung für die Landes- und Bündnisverteidigung. Dies ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten aus dem Fokus geraten, durch die Zeitenwende aber aktueller denn je. Ein resilientes Land braucht funktionierende Verkehrswege. Auch hierfür ist die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen der Schlüssel“, fasste Bürgermeister Ingo Hacker zusammen.
Neben den infrastrukturellen Fragen befasste sich der Ausschuss in Bad Soden-Salmünster auch mit den europäischen Förderstrukturen und der Zukunft des mehrjährigen Finanzrahmens der EU. Dabei wurde die große Bedeutung des LEADER-Programms und der regionalen Entwicklungsstrukturen – wie im Spessart das Regionalmanagement SPESSARTregional – eindrücklich betont. Der Ausschuss zeigte sich besorgt über Bestrebungen innerhalb der Europäischen Union, verschiedene Fonds in einem zentralisierten „Superfonds“ zusammenzuführen. Dies könnte dazu führen, dass spezifische Förderungen für den ländlichen Raum künftig entfallen oder deutlich geschwächt werden. Der DStGB forderte daher den Erhalt des bewährten Förderrahmens und die Stärkung regionaler Entscheidungsspielräume.
Fachliche Impulse erhielten die Teilnehmenden außerdem von Vertreterinnen und Vertretern der Fluglärmkommission sowie des Bundesverbands der Express- und Paketdienstleister, die zu aktuellen Entwicklungen ihrer Branchen referierten.
Ein besonderer Höhepunkt war der Beitrag von Christina Kremser-Wolf, geschäftsführende Gesellschafterin der WOCO Group mit Sitz in Bad Soden-Salmünster. Sie schilderte eindrücklich die Herausforderungen, vor denen der industrielle Mittelstand steht – insbesondere in Zeiten globaler Unsicherheiten, hoher Energiekosten und komplexer Regulierung. Sie warb für Verlässlichkeit, Planungssicherheit und Entbürokratisierung.
Bürgermeister Dominik Brasch und der DStGB boten an, die Forderungen aus der Wirtschaft gegenüber dem Bund zu bündeln: „Wir müssen auf allen Ebenen gemeinsam daran arbeiten, Unternehmen wie unserer WOCO den Rücken zu stärken. Das geht nur mit Entbürokratisierung, De-Regulierung und einer starken kommunalen Wirtschaftsförderung.“
Christina Kremser-Wolf hob hervor, dass die Zusammenarbeit mit der Stadt Bad Soden-Salmünster in dieser schwierigen Phase besonders vertrauensvoll und unbürokratisch verlaufe. „Wir erleben hier ein echtes Miteinander von Verwaltung und Wirtschaft. Das ist nicht selbstverständlich – und ein gutes Beispiel für das, was wir uns bundesweit wünschen würden.“
So ging in Bad Soden-Salmünster eine intensive und inhaltlich hochkarätige Sitzung des DStGB-Ausschusses zu Ende, die weit über den thematischen Rahmen hinaus Wirkung zeigte: Die Kurstadt präsentierte sich als lebendige Gastgeberin mit klarem kommunalpolitischem Profil – und als Beispiel dafür, wie Engagement, Wirtschaftskraft und Gastfreundschaft zusammenwirken können.
Quelle: Redaktion MKK Echo

