Montag, November 10, 2025
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Höchste Datenraten für KI & Co.: Johann-Philipp-Reis-Preis 2025 zeichnet Forschung an neuen Glasfasern aus

Bereits heute laufen 99,9 Prozent der Daten weltweit über Glasfaser, doch für den exponentiell wachsenden Datenverkehr werden die vorhandenen Kapazitäten in Zukunft nicht ausreichen. Prof. Dr.-Ing. Georg Rademacher forscht daher seit über zehn Jahren an Möglichkeiten, die Leistung optischer Glasfasernetze massiv zu steigern. Nun wurde er für seine herausragenden Leistungen mit dem Johann-Philipp-Reis-Preis ausgezeichnet, denn die Jury sieht in seiner Arbeit eine Grundvoraussetzung dafür, das Potenzial moderner Technologien voll auszuschöpfen.

Der Johann-Philipp-Reis-Preis wird alle zwei Jahre an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verliehen, die bedeutende Innovationen in der Nachrichtentechnik geschaffen haben. Prof. Dr.-Ing. Georg Rademacher erhielt die Auszeichnung bei einer feierlichen Veranstaltung im hessischen Gelnhausen. Dr.-Ing. Werner Mohr, einer der Preisgutachter, betont die hohe Relevanz von Rademachers Forschung: „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz bergen für Gesellschaft und Volkswirtschaft ein hohes Potenzial zur Effizienzsteigerung. Um dieses Potenzial zu heben, brauchen wir extrem leistungsstarke Übertragungssysteme. Deshalb ist die Forschung von Prof. Dr.-Ing. Georg Rademacher so wichtig, denn sie zeigt auf, wie immens sich die Kapazität der Glasfasertechnologie durch Verfahren wie Space-Division-Multiplexing (SDM) steigern lässt.“

Der mit 10.000 EUR dotierte Preis wird gestiftet von den hessischen Gemeinden Gelnhausen und Friedrichsdorf, wo der Erfinder und Namensgeber Reis lebte, sowie der Deutschen Telekom AG und der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE (VDE ITG).

Space-Division-Multiplexing: Parallele Spuren auf der Datenautobahn
Mehr Daten über eine Glasfaser zu übertragen – das ist das Forschungsmotto von Prof. Dr.-Ing. Georg Rademacher. Seit den ersten kommerziellen Einsätzen von Glasfasernetzen zur Datenübertragung in den 1980er Jahren wurden Maßnahmen ergriffen, um deren Kapazität zu steigern. Doch 2010 ermittelte ein Forschungsprojekt, dass klassische Glasfasern bei rund 100 Terabit/s an ihre Grenzen stoßen. „Gleichzeitig wurde klar, dass wir in Zukunft Lösungen brauchen, um noch viel mehr Daten zu übertragen“, erklärt der Experte für optische Nachrichtentechnik. „Natürlich könnte man mit mehreren parallelen Systemen arbeiten, aber das wäre teuer, energieintensiv und in manchen Anwendungen vom Platz her gar nicht machbar.“

An der Technischen Universität Berlin begann Rademacher, an neuen Glasfasertypen mit mehreren Kernen (Multicore-Fasern) bzw. mit einem Kern mit mehreren Moden (Multimode-Fasern) zu forschen. „Es geht bei Space-Division-Multiplexing immer darum, in einer Glasfaser unterschiedliche Daten parallel zu übertragen und den vorhandenen Raum dafür bestmöglich zu nutzen – im Prinzip wie auf einer Autobahn mit mehreren Spuren.“

Weltrekorde und der Weg in die Praxis: Von Japan nach Stuttgart
Nach seinem Umzug nach Japan konnte Rademacher am National Institute of Information and Communications Technology (NICT), einem der am besten ausgestatteten Labore für optische Nachrichtentechnik weltweit, groß angelegte Systemdemonstrationen realisieren. „Wir haben bei einer Modenmultiplex-Übertragung eine Datenrate von 3,5 Petabit/s realisiert (3.500 Tb/s) – ein Wert, der in einer Glasfaser mit Standardmanteldurchmesser noch nie gemessen wurde. Multimode- und Multicore-Übertragung kombiniert erreichten sogar 10,6 Petabit/s (10.600 Tb/s).“

Mit solchen Weltrekorden erzielten Rademacher und seine Kolleginnen und Kollegen hohe Aufmerksamkeit in der Fachwelt, allerdings zog es ihn schließlich wieder näher in die praktische Umsetzung seiner Forschung. Seit 2023 leitet er an der Universität Stuttgart das Institut für elektrische und optische Nachrichtentechnik und hat mehrere Konsortialprojekte in Deutschland gestartet, um praxisnahe Anwendungsszenarien für moderne Glasfasern zu entwickeln. Dabei hat er auch brandaktuelle Entwicklungen wie sogenannte Hohlkernfasern im Blick, in denen sich das Licht nahezu mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. „Wir werden sehen, was wie schnell realisierbar ist – aber durch den KI-Boom und die dafür benötigten Rechenzentren ist die Bereitstellung höchster Datenraten eines der Zukunftsthemen.“

Über den Preisträger
Prof. Dr.-Ing. Georg Rademacher studierte an der Technischen Universität Berlin Elektrotechnik und legte 2011 dort sein Diplom ab. Nach seiner Dissertation an der TU Berlin 2015 war er von 2016 bis 2023 als Wissenschaftler am National Institute of Information and Communications Technology (NICT) in Japan tätig. Seit April 2023 hat er an der Universität Stuttgart die Professur Integrated Photonic Systems inne und leitet dort als Direktor das Institut für elektrische und optische Nachrichtentechnik. Außerdem leitet er die Arbeitsgruppe „Space-Division Multiplexing“ am Fraunhofer Heinrich-Hertz Institut in Berlin. Rademacher erhielt bereits zahlreiche Auszeichnungen wie den ITG-Preis 2017 und den Maejima-Hisoka Preis 2020 und ist neben seiner Forschungsarbeit in Programmkomitees (OFC, ECOC, CLEO, SPPCOM) sowie dem IEEE und der VDE ITG aktiv. Als Associate Editor bei OPTICA trägt er dazu bei, die Community mit hochwertigen wissenschaftlichen Publikationen zu unterstützen.

Über den Johann-Philipp-Reis-Preis

Johann Philipp Reis wurde 1834 in Gelnhausen geboren, er starb 1874 in Friedrichsdorf (Hessen). Der Physiker und Erfinder gilt mit seiner Entwicklung, Töne über elektrische Leitungen zu übertragen, als Wegbereiter des Telefons. Der Johann-Philipp-Reis-Preis wird seit 1986 regelmäßig alle zwei Jahre ausgeschrieben. Er wendet sich an Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bis 40 Jahre. Ausgezeichnet werden bedeutende nachrichtentechnische Neuerungen, die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft initiiert haben oder erwarten lassen. Die Preisträgerinnen und Preisträger werden von den Expertinnen und Experten der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE ausgewählt.

Über die Informationstechnische Gesellschaft im VDE (VDE ITG)
Die Informationstechnische Gesellschaft im VDE (VDE ITG) ist eine Community für Expertinnen und Experten, die sich mit Themen der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) beschäftigen. Anspruch der bereits 1954 gegründeten Fachgesellschaft ist es, innovativen Technologiethemen den Weg aus der Wissenschaft in Wirtschaft und Gesellschaft zu ebnen. Diese Verbindung von Theorie und Praxis befördert die Technologiethemen von morgen, die zur digitalen Transformation von Industrie und Gesellschaft unabdingbar sind. Die ITG sieht sich als Impulsgeber im Bereich IKT und unterstützt damit die VDE Vision einer lebenswerten und e-dialen Zukunft.

Mehr Informationen unter www.vde.com/itg

Über den VDE
Der VDE, eine der größten Technologie-Organisationen Europas, steht seit mehr als 130 Jahren für Innovation und technologischen Fortschritt. Als einzige Organisation weltweit vereint der VDE dabei Wissenschaft, Standardisierung, Prüfung, Zertifizierung und Anwendungsberatung unter einem Dach. Das VDE Zeichen gilt seit mehr als 100 Jahren als Synonym für höchste Sicherheitsstandards und Verbraucherschutz.

Wir setzen uns ein für die Forschungs- und Nachwuchsförderung und für das lebenslange Lernen mit Weiterbildungsangeboten „on the job“. Im VDE Netzwerk engagieren sich über 2.000 Mitarbeiter*innen an über 60 Standorten weltweit, mehr als 100.000 ehrenamtliche Expert*innen und rund 1.500 Unternehmen gestalten im Netzwerk VDE eine lebenswerte Zukunft: vernetzt, digital, elektrisch. Wir gestalten die e-diale Zukunft.

Sitz des VDE (VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) ist Frankfurt am Main. Mehr Informationen unter www.vde.com

Pressekontakt: Regina Schnathmann, presse@vde.com

Bildunterschrift: (V. l. n. r.) Lars Keitel (Bürgermeister Friedrichsdorf), Volker Rode (Erster Stadtrat Gelnhausen), Prof. Dr.-Ing. Georg Rademacher (Preisträger), Dr. Kristina Both (Deutsche Telekom AG), Dr. Martin Hieber (VDE Vorstand Technik und Netzwerke/CTO).

 

Quelle: Redaktion MKK Echo

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