Seit dem 24. April 2025 steht die Rodenbacher Gemeindevertretung ohne gewählten Vorsitzenden da. Walter Geppert, der das Amt 27 Jahre lang innehatte und in der Gemeinde für seine Erfahrung sowie sein verbindliches Auftreten geschätzt wurde, legte überraschend sein Mandat als Vorsitzender nieder. Der Rücktritt kam ohne Vorwarnung – und er hinterließ ein organisatorisches Loch, das sich monatelang hinzog. In den letzten beiden Sitzungen der Gemeindevertretung konnte noch keine Kandidatin und kein Kandidat gewählt werden. Die Hoffnung richtet sich nun auf eine Neuwahl am 2. Oktober 2025. Bis dahin führt der stellvertretende Vorsitzende Alexander Rohrbeck (SPD) die Sitzungen kommissarisch weiter.
Leider konnte der 38jährige von der SPD nicht dafür gewonnen werden, auch noch die letzten zwei oder drei Sitzungen der Gemeindevertretung bis zur Kommunalwahl am 15.03.2026 zu führen – denn danach ist ohnehin der Vorsitzender erneut zu wählen.
Die Suche nach einer Nachfolge gestaltete sich offenbar schwierig. Ein Grund könnte in der Altersstruktur der SPD liegen, die als stärkste Fraktion traditionell den Vorsitz stellt. Beim SPD-Sommerfest am 21. Juli 2025 ehrten die Rodenbacher Sozialdemokraten ihre treuesten Mitglieder. Einer erhielt für 70 Jahre Parteizugehörigkeit eine Auszeichnung, ein anderer für 55 Jahre, zwei weitere jeweils für 50 Jahre, selbst diejenigen, die “erst” 10 Jahre, also noch nicht ganz so lange dabei sind, erfreuen sich schon lange des Rentenalters.
Diese vielen Pensionäre und Jahreszahlen sind mehr als nur ein Ausdruck von Kontinuität – sie zeigen, dass die SPD Rodenbach im Kern von Mitgliedern getragen wird, die längst den Ruhestand erreicht haben oder kurz davor stehen. In einer Phase, in der politische Verantwortung kurzfristig übernommen werden muss, fehlt es offenkundig an einer breiten, jüngeren Basis, aus der neue Führungskräfte hervorgehen könnten.
Die SPD, gegründet 1863 als Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein, trägt ihren Spitznamen „alte Dame“ der deutschen Parteienlandschaft seit Langem mit Stolz. Doch in Rodenbach zeigt sich aktuell, dass Tradition allein keine Ämter besetzt. Ein Vakuum im Gemeindevorstand ist nicht nur eine Lücke im Sitzungsplan, sondern ein Symptom für eine strukturelle Schwäche: Der Mangel an jüngeren, aktiven Mitgliedern, die bereit und in der Lage sind, sofort Verantwortung zu übernehmen. Alexander Rohrbeck ist zu danken, verantwortungsvoll seine Rolle als Stellvertreter wahrgenommen zu haben.
Das Verhalten der SPD in Rodenbach wirkt seit dem Bruch der Koalition mit der FDP Ende 2023 wenig damenhaft (vgl. z.B. MKK-Echo vom 28.09.2025). Umso mehr Geduld ist daher von den Freien Demokraten gefordert, wenn sie gleichwohl an der guten parlamentarischen Tradition festhalten, den Vorsitzenden der Gemeindevertretung aus den Reihen der SPD zu wählen – der derzeit noch größten Fraktion.
Quelle: Dr. Oliver Everling, Leserbriefe