Netzwerkfrühstück mit Unternehmerinnen und Unternehmern befasst sich mit Fachkräfteeinwanderung und Lösungen für Integrationsprobleme
Main-Kinzig-Kreis. – Das jüngste Netzwerkfrühstück mit Unternehmerinnen und Unternehmern aus dem Main-Kinzig-Kreis befasste sich einmal mehr mit einem Thema, das vielen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern Sorge bereitet: Der Fachkräftemangel und die Frage, wie diesem begegnet werden kann. Gerade im Gesundheits- und Pflegebereich werden nach wie vor Menschen aus dem Ausland angeworben, um freie Stellen zu besetzen – das gilt auch für freie Azubi-Stellen. Aber auch andere Unternehmen setzen mittlerweile darauf, Nachwuchskräfte nach Deutschland zu holen. Als fachkundigen Referenten hatten die Gastgeber, die Bildungspartner Main-Kinzig GmbH und die Gesellschaft für Wirtschaftskunde (GfW) Hanau, unterstützt von der Wirtschaftsförderung des Main-Kinzig-Kreises, Professor Dr. Lukas Slotala eingeladen. Er referierte über das Thema „Sind es wirklich nur Sprachprobleme? Fachkräfteeinwanderung und Anforderungen an das betriebliche Integrationsmanagement“.
In seiner Begrüßung im Bildungshaus Main-Kinzig in Gelnhausen verdeutlichte Kreisbeigeordneter und Wirtschaftsdezernent Jannik Marquart zu Beginn, wie wichtig Fachkräftezuwanderung mittlerweile für die Wirtschaft ist: „Inzwischen beschäftigen sich auch Kleinbetriebe mit der Frage, wie sie Fachkräfte auch aus dem Ausland gewinnen können. Der demografische Wandel ist die Hauptursache, dass immer häufiger Stellen nicht besetzt werden können“, so Marquart. Der Main-Kinzig-Kreis unterstütze hierbei nach Kräften und setze sich für kürzere Anerkennungsverfahren von Berufs-, Schul- und Studienabschlüssen ein und helfe darüber hinaus auch den Unternehmen bei den zahlreichen bürokratischen Hürden. Gastgeber Dirk Niedoba, Geschäftsführer der Bildungspartner Main-Kinzig, wünschte allen einen informativen Austausch und freute sich gemeinsam mit Carina Roth-Dimitrova, Geschäftsführerin der GfW, sowie Normen Kegler, Leiter der Wirtschaftsförderung, über die zahlreichen Gäste.
Einfach machen und ohne großes Vorwissen ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Deutschland zu holen – mit dieser Einstellung gingen viele an das Vorhaben heran und würden dann schnell feststellen, dass es so einfach nicht ist. Zahlreiche Hürden gelte es zu überwinden, stellte der Referent fest. Der Professor für angewandte Gesundheitswissenschaften an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt hat drei Forschungsschwerpunkte: Push- und Pullfaktoren der Fachkräfteeinwanderung, Integrationsmanagement in internationalen Teams sowie Berufsanerkennungsverfahren. Angesichts des großen Aufwands, der nötig sei, um Kräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen, sei dann die Enttäuschung natürlich groß, wenn diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Ausbildung abbrechen oder die Stelle kündigen. Hier gab Lukas Slotala wertvolle Einblicke.
„Die Ursachen liegen in vielen Fällen ganz woanders als vermutet und haben dann erst mal wenig mit mangelndem Spracherwerb zu tun“, sagte er. Am Beispiel von Arbeitskräften aus Indien zeichnete er mögliche Ursachen nach, die nicht offensichtlich erkennbar seien. So könnten Probleme auch durch unterschiedliches schulisches Lernen entstehen. So stehe in Deutschland selbständiges Lernen im Mittelpunkt, in Ländern wie Indien gehe es in erster Linie jedoch darum, Fakten zu lernen.
Deshalb sei es enorm wichtig, vor Beginn der Ausbildung über die Erwartungen zu sprechen, um Missverständnissen vorzubeugen. Auch der Eindruck, dass die ausländischen Kräfte zu wenig Fragen stellen und sich insgesamt zu wenig einbringen, liege in den seltensten Fällen an mangelnder Motivation und Interesse. Viel mehr liege es an einem Machtgefälle. Denn der Aufenthalt in Deutschland koste die Familien der Auszubildenden viel Geld, umso größer sei der Druck, vor Ort nicht zu versagen. Auch die Sorge, dass sich zu häufiges Nachfragen negativ auf die Ausbildungsbewertung und den Aufenthaltsstatus auswirken könnte, bestimme in vielen Fällen das Verhalten. Es sei wichtig, den Betroffenen klar zu sagen, was von ihnen erwartet werde, damit die Ausbildung auf beiden Seiten als Erfolg verbucht werden könne. Zwischen 2008 und 2023 sei der Anteil von ausländischen Auszubildenden um 107 Prozent gewachsen auf 70.311. Im gleichen Zeitraum sei die Zahl der deutschen Auszubildenden um 24 Prozent auf 470.898 geschrumpft. Es sei von großem Interesse, die Abbrecherquote möglichst niedrig zu halten. Die sei bei den ausländischen Auszubildenden mit 39,5 Prozent im Vergleich zur deutschen mit 28,4 Prozent zu hoch.
Ziel der ganzen Mühe sei es schließlich, diese Mitarbeitenden langfristig ans Unternehmen zu binden. Deshalb sei es enorm wichtig, auch Perspektiven für einen Familiennachzug mitzudenken und anzusprechen, da die Familie dort einen anderen Stellenwert habe als dies in Deutschland der Fall sei.
Die Zuhörerinnen und Zuhörer stellten interessierte Fragen und kamen bei Kaffee und belegten Brötchen miteinander ins Gespräch und tauschten sich auch mit dem Referenten weiter aus.
Bildunterschrift: Unser Bild zeigt vor Beginn des Impulsvortrags (von links): Dirk Niedoba (Geschäftsführer der Bildungspartner Main-Kinzig), Referent Professor Dr. Lukas Slotala, Carina Roth-Dimitrova, Geschäftsführerin der GfW, und Kreisbeigeordneter und Wirtschaftsdezernent Jannik Marquart.
Quelle: Redaktion MKK Echo