Das Ladensterben in den Ortsteilen von Nidderau setzt sich fort. Nun hat auch die Postfiliale in Ostheim zum 30. Juni 2025 ihre Türe endgültig geschlossen. Wie lange nimmt die Rathausspitze das klaglos hin? In Zeiten des demografischen Wandels ist die Bewahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse ein besonders wichtiges Anliegen. Auch in Nidderau. Hierfür sind lebendige Ortskerne und eine funktionierende Nahversorgung unerlässlich. Alterung und Rückgang der Bevölkerung stellen nicht nur die Kommunen, sondern auch den Handel vor große Herausforderungen. Aufgabe der Kommunen ist es, eine funktionierende Nahversorgung als Teil der Daseinsvorsorge für ihre Bürgerinnen und Bürger zu leisten. Handelsunternehmer und Händler stellen die dafür geeigneten Vertriebskonzepte zur Verfügung. Nahversorgung bedeutet hierbei mehr als nur bequemes Einkaufen in unmittelbarer Umgebung des Wohnortes. Ohne Nahversorgung verliert ein Ort schnell an Attraktivität, und zwar nicht nur für die ältere Generation, sondern auch für junge Familien, sowie für Gewerbetreibende. Insbesondere Ältere und Menschen ohne eigenes Auto verlieren die Möglichkeit, sich selbst zu versorgen. Dem Ortsteil – und damit dem gesamten Gemeindeleben fehlt der tägliche Mittel- und Bezugspunkt, der Menschen auch ohne konkreten Anlass zwanglos zueinander bringt.
Dass die Neuausweisung eines neuen Mischgebietes von Gewerbe- und Wohnansiedlung eine gute Lösung ist, das haben beispielsweise die politischen Kräfte in Nidderau schon im Jahr 2010 erkannt, als sie die Neuaufnahme eines solchen Mischgebietes am Rande von Eichen in den regionalen Flächennutzungsplan durchsetzen. Nidderau ist eine wachsende Kommune am Rande von Frankfurt, wie steigende Einwohnerzahl deutlich belegt. Folge, Nidderau muss neue Flächen für Wohnmöglichkeiten ausweisen. Das geschieht zwar in den zentralen Ortsteilen Heldenbergen, Windecken und Ostheim, doch die beiden restlichen Ortsteile Eichen und Erbstadt scheinen bei den beiden regierenden Parteien Rot/Grün nicht auf der Agenda zu stehen.
Im Jahr 2010, wie gesagt, wurde dieses Problem, des Abgehängtseins von Eichen und Erbstadt bereits erkannt und angegangen. Es fand sich sogar ein Investor, der das angedachte Mischgebiet am Rand von Eichen entwickeln wollte. Und sogar ein Vollsortimenter war anfangs mit im Spiel. Der verabschiedete sich dann allerdings in Richtung der Nachbarkommune Altenstadt. Der Grund: die Widerstände im Nidderauer Rathaus gegen das neue Mischgebiet wurden immer größer. Ein planbarer Zeitraum für die Umsetzung des Mischgebietes nicht seriös kalkulierbar. Zumal sich der Blick der örtlichen Politik immer mehr auf das neue Zentrum in Heldenbergen richtete. Und um das zu stärken, bediente man sich sogar des Einzelhandelskonzeptes, das 2015 flugs angepasst wurde. Mit ihm konnte die Stadt nämlich Ansiedlung von Einzelhandelsunternehmen in den Ortsrandlagen verhindern und dadurch die Kaufkraft in den Kernbereichen fördern. Für das Gewerbegebiet Lindenbäumchen im Norden von Heldenbergen beispielsweise fasste die Stadtverordnetenversammlung einen Beschluss, der die weitere Ansiedlung von Lebensmittel-Discountern verbietet. Eine Ausnahme bildete zu dem Zeitpunkt weiterhin das geplante Gewerbegebiet nördlich der B 521, das einen Beitrag leisten sollte zu einer Verbesserung der Versorgung der beiden kleinsten Stadtteile Eichen und Erbstadt. Das änderte sich schlagartig mit dem Einzug der Grünen in das Rathaus. Zunächst ging es um den Schutz wertvollen Ackerbodens und später dann um den Ausbau der Windenergie. Die Wünsche der Eicher und Erbstädter Bürger waren da längst zweitrangig. Nach Ansicht der Grünen können die Bürger den Öffentlichen Personennahverkehr nutzen und zum Einkauf ins Zentrum fahren, lautete ihre stereotype Antwort auf den Wunsch nach besserer Nahversorgung. In Erbstadt gab es zu dieser Zeit schon längst kein Einzelhandelsgeschäft mehr und auch in Eichen setzte sich der Trend zum Ladensterben unaufhaltsam fort. „Außerdem, wie will ein älterer gehbehinderter Mensch mit Rollator oder Krücke eine schwere Getränkekiste von Heldenbergen nach Erbstadt transportieren? In einem öffentlichen Verkehrsmittel? Das klappt nicht“ ist sich beispielsweise Klaus Knapp, Vorsitzender der Senioren-Union Nidderau ziemlich sicher. Er fordert deshalb schon seit längerem für seine Senioren die Einführung des On-Demand-Busshuttle-Systems, mit dem Bürger für wenig Geld zu den Geschäften und anschließend wieder nach Hause gefahren werden können. „Unsere Bevölkerung wird immer älter. Und die dürfen wir nicht aus den Augen verlieren. Es gibt in einer Kommune nicht nur junge Familien, die einen Kita-Platz benötigen, sondern auch ältere Menschen, die ebenfalls versorgt werden wollen“, so Knapp. Seiner Ansicht nach bedarf es dringend eines Politikwechsels auch auf kommunaler Ebene.
Bild: Auf dem Weg vom Lindenbäumchen nach Hause
Quelle: Klaus Knapp / SEN Nidderau