Nidderau. Immer mehr Windparks erfahren eine Frischekur durch ein sogenanntes Repowering-Verfahren. Also durch Abriss und Neuaufbau. Und das aus guten Gründen. Denn die Modernisierung erhöht nicht nur die erzeugte Strommenge erheblich, sondern macht Windenergieanlagen auch effizienter und leistungsstärker.
Der Windpark Erbstadt, errichtet im Jahr 2002, könnte dafür ein Beispiel sein. Die Idee, auf Nidderauer Stadtgebiet neben den bereits bestehenden Anlagen bei Erbstadt weitere Windräder zu errichten, ist nicht neu. Doch trotz politischen Konsens in der Stadtverordnetenversammlung schaute Nidderau lange Zeit in die Röhre. Laut Berechnungen soll das Windaufkommen in dieser Region nicht nur zu gering gewesen sein, sondern eine Neuanlage wäre lange Zeit auch nicht in die im Regionalplan Südhessen definierten Vorranggebiete gefallen. Ein weiteres Hindernis war das Funkfeuer für den Frankfurter Flughafen, das einen Abstand von 15 Kilometern forderte. „Doch all diese Hindernisse sind mittlerweile ausgeräumt“, wie dies hat sich nun geändert, wie Grünen-Fraktionssprecher Tim Koczkowiak am Donnerstagabend in der Stadtverordnetenversammlung in der Windecker Willi-Salzmann-Halle ausführte. „Bislang hat die komplizierte Windflächenplanung einen Ausbau oder eine Neuausrichtung in Nidderau verhindert“, erklärte Konstantin Weber, der Vertreter der bestehenden Anlage in Erbstadt, der European Energy Deutschland GmbH auf einer Bürgerversammlung vor gut 50 Bürgern in der Nidderhalle in Eichen am Montagabend. Nach über 22 Jahren Betrieb soll den bestehenden Windpark in Erbstadt nun durch leistungsfähigere Anlagen ersetzt werden. Dabei soll das Repowering-Projekt die Stromproduktion erheblich steigern und zwar um das Zwanzigfache, von derzeit drei Millionen Kilowattstunden pro Jahr auf dann rund 60 Millionen KWh pro Jahr. Die vier geplanten, jede zirka 285 Meter hoch, sollen über ein Leistungsvermögen von über 28 Megawatt verfügen und künftig rund 20.000 Haushalte mit sauberen Strom versorgen. Zum Vergleich: Nidderau verfügt über 9.800 Haushalt.
Ein zentrales Element des Projekts ist für den Investor die Einbindung der Bürger: So will European Energy Deutschland nach der Inbetriebnahme der neuen Anlagen verschiedene lukrative Angebote für die Bürgerschaft anbieten,wie beispielsweise ein Crowdfunding-Modell oder die Gründung eines lokalen Fördervereines. Damit sollen die Menschen in der Stadt Nidderau an den wirtschaftlichen Vorteilen dieses Projekts teilhaben können. Die Stadt selber soll bis zu 78.000 Euro jährlich an Einnahmen durch das Vorhaben (nämlich 0,2 Cent pro Kilowattstunde) generieren können. Die Bürger können sich an dem Projekt über das Crowdfunding-Modell mit Einlagen in Höhe von mindestens 250 Euro beteiligen. Voraussichtliche Verzinsung zwischen 5 und 8 Prozent, so der Firmensprecher. Abschließend ging Weber dann noch auf den angestrebten Zeitplan ein. So ist angestrebt, den Aufstellungsbeschluss für den neuen Windpark noch in diesem Jahr zu erhalten. 2026Soll dann die Genehmigung nach dem BundesImmissionsschutzGesetz und 2027 die Ausschreibung erfolgen. Im Jahr 2028 soll der alten Windpark Erbstadt zurückgebaut und 2029 der neue Windpark Eichen in Betrieb genommen werden.
Nach der Präsentation hatten die Bürger die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Und natürlich waren darunter auch Fragen zu den Vorbehalten wegen der Größe der Windräder, wegen möglicher Schatten-, Lärm- oder Lichtimmissionen. „Alles im gesetzlichen Rahmen“, versuchte der Firmenvertreter solche Einwände aus der Welt zu räumen. An dem Abend überwogen aber dann aber doch die Wohlwollenden. An ihrer Spitze Bürgermeister Andreas Bär (SPD): „Wir begrüßen das Projekt, wissend, dass es nicht allen gefällt“.
Jürgen W. Niehoff
3 Fotos anbei
1. noch drehen sich die vier Windräder nahe Erbstadt
2. in der rot markierten Fläche sollen die vier neuen Windanlagen errichtet werden
3. die Vertreter der Firma European Energy Deutschland stellen ihr Repowering -Projekt Eichen in der Nidderhalle in Erbstadt vor. Links der Sprecher Konstantin Weber
Quelle: Jürgen W. Niehoff