Hohe Temperaturen und veränderte Niederschläge beeinflussen die Verbreitung von Infektionskrankheiten auch im Main-Kinzig-Kreis
Main-Kinzig-Kreis. – Im ersten Teil seines „Sachstandsberichts Klimawandel und Gesundheit 2023“ legt das Robert Koch-Institut (RKI) die Auswirkungen der Klimaveränderungen auf die Gesundheit dar. Beispielsweise können Extremwetterereignisse dazu beitragen, dass Infektionskrankheiten sich leichter verbreiten. Im Sommer stehen als Überträger insbesondere Stechmücken, Zecken und Nagetiere im Fokus: Die wärmeren Außentemperaturen spielen für die Stechmücken eine wichtige Rolle, da sie bei Wärme häufiger stechen und sich die Prozesse von Blutverdauung, Eibildung und Geschlechtsreife beschleunigen, sodass ihre Anzahl zunimmt.
Zu den fünf neuen Stechmückenarten, die sich seit 2007 in Deutschland etabliert haben, gehört die Asiatische Tigermücke, die auch schon in Hanau vorgefunden wurde. Das maximal einen Zentimeter große und schwarz-weiß gestreifte Tier hat sich von Südostasien aus über Handelsverkehrswege nach Europa und eben auch nach Hessen ausgebreitet, begünstigt durch milde Winter. Bei einem Stich kann die Tigermücke tropische Fieberviren übertragen, zum Beispiel Denguefieber.
„Der beste Schutz vor der Tigermücke besteht darin, das Überleben ihrer Larven zu verhindern“, sagt Dr. Wolfgang Lenz, Leiter des Amts für Gesundheit und Gefahrenabwehr. Die Tigermücken legen ihre Eier am oberen Rand in mit Wasser gefüllten Behältern ab. Daher sollte man verhindern, dass sich Wasser in Blumentöpfen, Eimern, Reifen oder Schubkarren ansammelt – oder zumindest die Gefäße einmal pro Woche zum Gießen verwenden. Regenwassertonnen können mit einflugsicheren Netzen abgedeckt werden. Das Robert Koch-Institut geht davon aus, dass der Tigermücke mit steigenden Temperaturen die Verbreitung in Deutschland leichter fallen wird. Gleiches gilt für andere Stechmückenarten, die sich gut bei warmen Frühjahren und nicht zu trockenen Sommern vermehren.
Auch Zecken profitieren von milden Temperaturen mit einer gewissen Luftfeuchtigkeit. Diese beschleunigen ihre Entwicklungsprozesse, verkürzen die Dauer der Eiablage und beeinflussen ihre Aktivität und Lebensdauer. In Laub-Mischwäldern mit Eichen und Buchen findet die Zecke besonders geeignete Lebensbedingungen. „Am besten sollte man es gar nicht zu einem Zeckenstich kommen lassen“, sagt Amtsleiter Dr. Wolfgang Lenz. Wer sich gerne in der Natur aufhält oder im Wald arbeitet, sollte möglichst lange Kleidung tragen. Sprays mit bestimmten Gerüchen können Zecken fernhalten. Drauf verlassen sollte man sich jedoch nicht und sich nach dem Spaziergang gründlich absuchen. „Gerne setzen sich die Zecken in den Kniekehlen, Achselhöhlen oder an Ellenbeugen fest“, so Dr. Lenz.
Der Main-Kinzig-Kreis ist seit 2007 FSME-Risikogebiet; hier besteht also ein höheres Risiko, dass durch einen Zeckenstich unter anderem Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen wird. In Deutschland sind in den letzten 15 Jahren 46 neue Risikogebiete hinzugekommen. Die Anzahl der FSME-Fälle hat im deutschen Durchschnitt deutlich zugenommen: Zwischen 2001 und 2016 wurden jährlich 276 Fälle gemeldet, von 2017 bis 2022 jährlich 505. Das Robert-Koch-Institut stellt fest, dass die Verbreitung der FSME-Virus-Infektionsorte dort signifikant häufiger ist, wo im Winter wenige Frosttage auftreten und es im Sommer warm ist und häufiger regnet. Warme Jahreszeiten verlängern außerdem die Zeckenaktivität. „Gegen das FSME-Virus schützt eine Impfung, die in Risikogebieten auch die Krankenkassen übernehmen“, betont Dr. Lenz.
Die Impfung hilft jedoch nicht gegen die Lyme-Borreliose, die von Bakterien übertragen werden, die die Zecke befallen haben. Die Infektion beginnt oft mit einer ringförmigen Hautrötung, die sich um den Zeckenstich bildet. Weitere Symptome können Muskelschmerzen oder Fieber sein. „Es ist essenziell, dass man seine Zeckenstiche beobachtet und bei solchen Anzeichen zum Arzt geht. Denn reagiert man rechtzeitig, kann man die Erkrankung gut mit Antibiotika behandeln“, rät Amtsleiter Lenz. Unbehandelt sind Spätfolgen wie Gelenk-, Herzmuskel- oder Nervenentzündungen möglich.
Naturliebhaber, Wald- und Bauarbeiter sowie Gartenfreunde sollten in den Frühjahrs- und Sommermonaten ebenfalls auf Abstand zu Nagetieren achten. In Osthessen handelt es sich vorwiegend um Rötelmäuse, die Hantaviren übertragen können. Diese Viren verursachen bisweilen grippeähnliche Infektionen mit hohem Fieber, Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen. Die Übertragung erfolgt überwiegend, indem der Mensch aufwirbelnden Staub einatmet, der mit Speichel, Urin oder Kot der Tiere verseucht ist. Beim Fegen von Scheunen, Schuppen oder Ställen kann man sich mit Gummihandschuhen und einer FFP2-Maske schützen. Weitere Tier-Kontakte sind auch bei Gartenarbeiten, beim Holzschlagen, Jagen, Joggen oder Zelten möglich. Nahrung, Müll oder Tierfutter sollte in festen Behältern verschlossen bleiben. „Es ist darauf zu achten, den Tieren im Garten möglichst wenige Unterschlupfmöglichkeiten wie Sperrmüll oder Abfallhaufen zu bieten“, fügt Dr. Lenz hinzu.
Die Anzahl der Infektionen mit Hantaviren ist verknüpft mit der Entwicklung der Rötelmauspopulation und deren Futter, in diesem Fall Bucheckern. Es gibt laut Robert Koch-Institut Anzeichen dafür, dass der Klimawandel zu einer Steigerung der Nahrung geführt hat. Sollte es jedoch zu mehr Trockenperioden kommen, würden diese das Nahrungsangebot wieder verringern oder auf bestimmte Regionen begrenzen.
Eine Zecke wird mit einer Pinzette, Zeckenzange oder Zeckenkarte entfernt. Man zieht sie gerade heraus, nicht drehen. Keine Öle oder Cremes verwenden und die Zecke nicht zerquetschen, da dies vermehrt Erreger freisetzen könnte. Anschließend wird die Wunde desinfiziert. Mehr Informationen zu Zecken und Hantaviren gibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unter www.bzga.de. Das Hessische Landesamt für Gesundheit und Pflege listet auf seiner Homepage www.hlfgp.hessen.de weitere Fakten zur Tigermücke auf (https://hlfgp.hessen.de/klimawandel-und-gesundheit/asiatische-tigermuecke).
Quelle: Frank Walzer