Bruchköbel. 05.06.2022 – Der Bruchköbler Triathlet Markus Becker hat am Sonntag bei der IRONMAN Europameisterschaft in Hamburg mit 9:13:12 Stunden einen neuen Vereinsrekord auf der Triathlon-Langdistanz aufgestellt. Auch die beiden weiteren Starter des Tria-Teams Bruchköbel, Benjamin Weiler und René Marquardt (alias Supporterkeule) zeigten starke Leistungen.
Um 06:15 Uhr ging es im Neoprenanzug und Rolling Start auf die 3,9km lange Schwimmstrecke. Der Rolling Start hat sich bei großen Triathlonevents durchgesetzt, und bedeutet, dass nicht alle Athlet*innen gleichzeitig starten, sondern alle fünf Sekunden fünf Starter*innen ins Wasser gelassen werden. Die Athlet*innen entscheiden dabei selbst in welcher – nach Schwimmzeiten sortierten – Startgruppe sie sich aufstellen. Dadurch soll das Gefühl der „Waschmaschine“ beim Massenstart entschärft werden, dass manchen Athlet*innen früher sehr viel Unbehagen bereitet hat.
Schon beim Schwimmen zeigte Markus Becker sich ganz vorne im Feld. Mit der viertbesten Schwimmzeit in seiner Altersklasse 35-39 (AK35) kam er nach gerade einmal 56:29 Minuten aus dem Alsterwasser am Jungfernstieg. In der Hamburger Wechselzone, die im Triathlon als die längste der Welt betrachtet wird, passten alle Abläufe genau, was zur schnellsten Wechselzeit in der Top 20 seiner AK führte und sicherlich auch eine der schnellsten des Tages war. Auf dem Rad ging es über eine 180km lange, mit weniger als 500 Höhenmetern sehr flache Runde. Das ist zwar wenig, aber auch extrem hart, da die Athlet*innen fast die gesamte Strecke in der windschnittigen Aeroposition verbringen und die Topathleten, zu denen Becker gehört, diese Position fast nur in Kurven oder Anstiegen aufgeben. Becker wurde für seine Ausdauer mit einer Radzeit von 4:43 Stunden und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 38,37km/h belohnt. Zwischenzeitlich lag Becker sogar auf Platz zwei. Mit der Dauer des Wettkampfes kamen von hinten jedoch einige Athleten mit den dickeren Oberschenkeln an ihn heran und Becker erreichte auf Platz fünf liegend die zweite Wechselzone. Eine Radstrecke mit mehr Höhenmetern wäre für den eher leichten Bruchköbler hier von Vorteil gewesen. Bergauf spielt das Körpergewicht eine viel größere Rolle. Während auf flachen Strecken eher große Muskeln von Vorteil sind, sind sie auf bergigeren Strecken aufgrund des höheren Gewichtes eher unvorteilhaft.
Der zweite Wechsel vom Rad zum Laufen lief genauso perfekt ab wie der erste. Becker wechselte sogar nur zwei Sekunden langsamer als die Gewinnerin des Profi-Frauenrennens Laura Philipp. Bis Kilometer 15 konnte Becker seinen Platz halten. Bei der Hälfte der Marathonstrecke zeichnete sich dann allerdings ab, dass nun die starken Läufer in die Top 10 drücken und Becker die Plätze für die Hawaii-Qualifikation streitig machen würden. Schon seit einigen Jahren nähern sich die Laufzeiten der Altersklassenathleten denen der Profis aus den 2000er Jahren an. Hier hat Becker noch das größte Entwicklungspotential für die nächsten Jahre, obwohl ein Marathon in 3:26 Stunden (4:50Min/km) nach 180km Rad und 3,9km Schwimmen eine sehr starke Leistung ist. Becker ist dementsprechend stolz über den 14. Platz in der am stärksten besetzten Altersklasse. Nach gut acht Monaten Vorbereitung ist das der emotionale Höhepunkt eines jeden Athleten.
Markus Becker schafft es seit Jahren, zusammen mit seinem Trainer Mario Schmidt-Wendling von Sisu Training, punktgenau und topfit an der Startlinie eines IRONMAN zu stehen. Becker ist kein Draufgänger und auch im Training wird das Risiko geringgehalten. Dementsprechend kurz ist seine Verletzungshistorie, weshalb noch kein Start verletzungsbedingt abgesagt werden musste – im Gegensatz zu vielen Vereins- und Mannschaftskollegen wie Markus Respondek und Raffael Berger, die bis zum vergangenen Sonntag die bislang schnellsten IRONMAN-Zeiten des Vereins innehatten (9:15 und 9:17 Stunden) und zu den ersten Gratulanten gehörten. Somit ist es nicht unwahrscheinlich, dass Becker der erste dieser starken Bruchköbeler Triathlon-Generation ist, dessen Traum von der IRONMAN-Weltmeisterschaft auf Hawaii in Erfüllung geht. Der gesamte Verein stand und steht auf dieser Reise geschlossen und überzeugt hinter ihm.
Während es bei Markus Becker auch um die Platzierung ging, wollte Benjamin Weiler erstmals die magische 10-Stunden-Marke unterbieten und René Marquardt sein „Heim“-Rennen mit einem Lächeln bestreiten. Weiler verpasste die magische Grenze zwar knapp, stellte mit 10:08 Stunden jedoch eine neue persönliche Bestzeit auf. Die Zeit ist insofern bemerkenswert, da Weiler seit zwei Wochen mit einer Sehnenscheidenentzündung zu kämpfen hat. Gerade beim Schwimmen, wo viel Druck auf die Hand kommt und beim Radfahren in Aeroposition, ist das schmerzhaft. Ein IRONMAN wird zum großen Teil auch im Kopf gefinisht, da man mental an seine Grenzen kommt. Wenn dann noch ein zermürbender ständiger Schmerz dabei ist, kann einem die mentale Kraft an einer anderen Stelle und einem Tiefpunkt im Rennen fehlen.
René Marquardt, in der Szene als Moderator mit dem Künstlernamen „Supporterkeule“ bekannt, erfüllte sich den Traum des IRONMAN in seiner Heimatstadt Hamburg. Vermutlich fiel es keinem der 1800 Altersklassenathlet*innen schwieriger, den Wettkampf nicht durchgehend selbst zu kommentieren, denn am Mikrofon weiß Marquardt wie kaum ein anderer, die Massen vom Triathlon zu begeistern. Doch schon nach 1:11 Stunden „Redepause“ im Wasser war Zeit für die ersten erlösenden Worte „ist alles gut“ an Markus Beckers Ehefrau Stefanie. Da beim IRONMAN Windschattenfahren verboten ist, musste Supporterkeule dann nochmal sechs Stunden warten, bis er wieder unter Menschen war. Ob er sich bei seinem 4:21-Stunden-Marathon nicht doch mal ein Mikro schnappte ist bisher nicht bekannt. Er wäre dann wohl auch der erste moderierende Athlet gewesen der nach 11:56 Stunden und damit unter 12 Stunden, die Ziellinie erreichte.
Quelle: Tria-Team Bruchköbel