“Als Kandidat für den Bundestag mache ich mir natürlich Gedanken, wie ich im Bundestag abgestimmt hätte, wäre ich Abgeordneter. Vor allem, wenn eine historische und derart emotionale Debatte über die Migrationspolitik in Deutschland geführt wird, wie es in der vergangenen Woche der Fall war. Doch je mehr ich mir die Debatte der vergangenen Woche anschaue, desto mehr drängt sich mir eine andere Frage auf: Ging es dabei wirklich noch um Lösungen?
Statt mit symbolischen Anträgen nur den Eindruck zu erwecken, es würde gehandelt, lohnt sich ein Blick auf die Fakten – auf die Maßnahmen, die bereits von der SPD-geführten Bundesregierung umgesetzt wurden und tatsächlich wirken. Seit September 2024 wurden 1.800 Schleuser verhaftet, 40.000 Menschen ohne Aufenthaltsrecht an den Grenzen gestoppt und die Zahl der Asylsuchenden um ein Drittel reduziert, während 22 % mehr ausreisepflichtige Personen zurückgeführt wurden. Gleichzeitig hat die SPD die Fachkräfteeinwanderung gezielt verbessert: 200.000 Arbeitsvisa wurden erteilt: 10 % mehr als im Vorjahr, um unseren Arbeitsmarkt zu stärken. Wichtig ist aus meiner Sicht, weiterhin genau hinzuschauen, Schwachstellen zu erkennen und gezielt nachzusteuern. Denn es gibt immer Verbesserungsbedarf.
Ich frage mich, warum jetzt Vorschläge von der Union gemacht werden, die in der Praxis nicht umsetzbar sind und daher keine echte Wirkung haben, gleichzeitig CDU und CSU seit Monaten zentrale Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration, zur besseren Kontrolle der EU-Außengrenzen oder zur schnelleren Rückführung ausreisepflichtiger Personen blockieren.
Nehmen wir die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS): Ein echter Fortschritt, den Deutschland gemeinsam mit anderen europäischen Ländern beschlossen hat. Asylverfahren sollen bereits an den EU-Außengrenzen durchgeführt werden – das begrenzt die irreguläre Migration und entlastet die Kommunen erheblich. Gerade unsere Landkreise haben in den vergangenen Jahren Großes geleistet, um Schutzsuchende unterzubringen und zu integrieren. Diese Reform sorgt dafür, dass die Belastung gerechter verteilt wird, und erste Erfolge sind bereits spürbar. Doch während Kommunen weiterhin dringend Entlastung brauchen, wurden Maßnahmen zur Umsetzung dieser Reform von christdemokratisch-geführten Bundesländern im Bundesrat blockiert. Dabei geht es um konkrete Schritte, um Schleuser konsequenter zu verfolgen und zu bestrafen sowie potenzielle Terrorverdächtige besser zu überwachen – Maßnahmen, die für mehr Ordnung und Sicherheit sorgen.
Die SPD wirbt nicht nur für eine europäische Lösung der Asyl- und Migrationsfrage und die vollständige Umsetzung dieser GEAS-Reform, sondern handelt und arbeitet intensiv an internationalen Abkommen mit Drittstaaten und einem Vorgehen, das Deutschland nicht von seinen Nachbarländern isoliert. Wenn ich etwas an Bundeskanzler Olaf Scholz kritisieren möchte, dann das er seine Erfolge schlecht erklärt.
Das Abstimmungsverhalten vieler Abgeordneter in der vergangenen Woche kann ich nicht nachvollziehen – auch wenn der Wahlkampf sicher eine Rolle gespielt hat. Die von der Union eingebrachten und von der AfD unterstützten Vorschläge hätten in Teilen gegen das Grundgesetz und europäisches Recht verstoßen. Politik darf nicht zu einer Inszenierung verkommen – es muss um Lösungen gehen, nicht darum, wer sich am lautesten als „Macher“ inszeniert. Für mich sind das Grundgesetz und die Europäischen Verträge die entscheidenden Leitlinien. Würden Sie solchen Anträgen zustimmen, wenn klar ist, dass sie nur Wahlkampfzwecken dienen? Wollen Sie 4.000 Kilometer deutsche Binnengrenzen abriegeln und damit das faktische Ende der EU riskieren? Meine Entscheidung wäre klar gewesen: Ich hätte dagegen gestimmt und gleichzeitig die Gesprächskanäle zu allen politischen Parteien der demokratischen Mitte offengehalten. Denn tragfähige Lösungen entstehen nicht durch Schlagzeilen, sondern durch Zusammenarbeit – mit einer stabilen Mehrheit der politischen Mitte.
Ich habe bewusst die Rolle der AfD nicht thematisiert. Mache ich auch nicht. Ich mache mir nur Gedanken, wie ich abgestimmt hätte. Es reicht nicht immer aus, einfach nur dafür oder nur dagegen zu sein. Vor allem, wenn es um Verantwortung, Ernsthaftigkeit und Respekt vor unserem Rechtsstaat geht.”
Quelle: SPD Main-Kinzig