Justin Burke verfolgt die Spuren seines Großvaters
Einen nicht alltäglichen Besuch konnte kürzlich Bürgermeister Gerald Helfrich im Gründauer Rathaus empfangen. Eigens aus Phoenix im Bundesstaat Arizona/USA waren Justin Burke (40) und sein Vater Roger Burke (64) nach Lieblos gekommen, um sich 78 Jahre nach dem Flugzeugabsturz des Großvaters von Justin für die damalige Hilfe der Einwohner von Lieblos zu bedanken und daran zu erinnern.
Zum Treffen ins Liebloser Rathaus waren auch Walter Uffelmann, Klaus von Berg und Eckard Sauer vom Gründauer Geschichtsverein gekommen. Schon vor längerer Zeit hatte Justin Burke den Kontakt zu Eckard Sauer aus Breitenborn aufgenommen. Bei der Aufarbeitung der Zeit, die sein Großvater Merle Dean Green während des zweiten Weltkriegs als Pilot bei der US-Luftwaffe in Europa verbrachte, war Justin Burke auf das von Sauer veröffentlichte Buch „Absturz im Kinzigtal“ aufmerksam geworden.
In diesem Buch schildert der gebürtige Liebloser Autor Eckard Sauer, in einem 4-seitigen Kapitel sehr eindrucksvoll die Ereignisse vom 11. September 1944, als ein B-17 Bomber der US-Luftwaffe auf dem Rückflug nach einer Bombardierung der Hydrierwerke Böhlen südlich von Leipzig mit einem anderen US-Bomber kollidierte und dabei schwer beschädigt wurde. Dem Piloten der B-17, Lieutenant Green gelang es, den Flieger zu stabilisieren und auf Kurs Richtung Westen zu halten. Da die Motoren konstant an Leistung verloren und das Flugzeug permanent an Flughöhe verlor, begannen Pilot Green und Co-Pilot Metzger nach einem Landeplatz zu suchen. Sie steuerten die B-17 durch das Kinzigtal, wo sie gegen 14.45 Uhr in Lieblos mit eingezogenem Fahrwerk in einem Kornfeld am Bahndamm, unweit des Liebloser Friedhofes landeten. Vier Besatzungsmitglieder, darunter die beiden Piloten, überlebten den Absturz mit mehr oder minder schweren Verletzungen.
Trotz Gefahr und Bedrohung ihrer eigenen Sicherheit versorgten und betreuten damalige Bürger von Lieblos die verletzten Soldaten. Nach dem Krieg kehrten alle vier in ihre Heimat in die USA zurück.
Beim Treffen im Rathaus mit dabei war auch ein damaliger Augenzeuge. Der heute 92jährige Heinrich Goy (damals Rothenbergen) kann sich noch genau an die Ereignisse an diesem Spätsommertag im Jahr 1944 erinnern. Trotz Fliegeralarms war er mit seinen Freunden im Ort unterwegs und konnte den Absturz genau beobachten.
Justin und Roger Burke waren tief beeindruckt von den Erzählungen des Zeitzeugen Heinrich Goy. Noch mehr staunten die beiden Besucher allerdings, als Eckard Sauer die Original-Notaxt aus der damals abgestürzten Maschine hervorholte und diese an Justin Burke übergab. Über Umwege war diese Axt vor Jahren in die Hände von Sauer gelangt. Nach 78 Jahren kehrt dieses wertvolle Souvenir nun in die USA zurück.
Nun war Justin Burke an der Reihe. „Hier zu sein ist eine unglaubliche Ehre“, sagte er. Auch Nachfahren der restlichen Crewmitglieder hätten die Reise nach Deutschland gerne mit angetreten, es sei ihnen aber nicht möglich gewesen.
Stellvertretend übergab Justin Burke an Bürgermeister Gerald Helfrich eine silberne Plakette mit dem Foto der Crew und dem auf deutsch eingravierten Text:
„Gewidmet in dankbarer Erinnerung den mutigen und hilfsbereiten Bürgern von Lieblos. Am 11. September 1944 wurde in Lieblos ein amerikanischer B-17-Bomer zu einer Notlandung gezwungen“. Es folgen weitere Details und die Namen der Besatzungsmitglieder.
„Für dieses wunderbare Geschenk werden wir einen passenden Platz im Rathaus aussuchen, damit es immer gesehen werden kann“, sagte der Rathauschef. Zum Dank übergab er den Gästen aus den USA einen Gründauer Wappenteller und ein Bierglas und lud diese zu einem hessischen Imbiss ein.
Bildunterschrift: Besuch aus den USA im Gründauer Rathaus (von links):
Walter Uffelmann und Klaus von Berg vom Geschichtsverein, Zeitzeuge Heinrich Goy, Justin und Roger Burke, Eckard Sauer und Bürgermeister Gerald Helfrich.
Quelle: Hannes Schulz