Ach, was für Zeiten, in denen wir leben. Hier sitze ich, 90 Jahre alt geworden, umgeben von meiner lieben Familie, die sich so viel Mühe gegeben hat, meinen Ehrentag zu einem unvergesslichen Ereignis zu machen. Aber anstatt in Freude auf diesen besonderen Tag zurückzublicken, bleibt ein gewisser bitterer Nachgeschmack zurück.
Sie müssen wissen, dieser Geburtstag war eigentlich schon vor Wochen geplant. Aber dann kam die Nachricht vom Nidderauer Bürgermeister Bär. Er, der doch so gern kommen wollte, bat uns, das Fest zu verschieben, damit er auch dabei sein könne. Wie rührend, dachte ich zuerst. Der Bürgermeister selbst wollte an meinem Fest teilnehmen! Es hat uns alle stolz gemacht, dass er sich die Zeit nehmen wollte, und so änderten wir den Termin. Man tut es ja gern, wenn jemand von solcher Wichtigkeit sich das wünscht.
Doch dann, nur drei Wochen vor dem neuen Datum, erreichte uns eine Nachricht. Krank sei er, hieß es. Er könne leider doch nicht erscheinen. „Na, das ist aber schade“, sagte ich mir. Doch was mich wirklich verwundert hat, war die Tatsache, dass diese Absage so früh kam – drei Wochen vorher! Und was noch schwerer wiegt: In dieser Zeit, in der er, wie man mir gesagt hatte, krank war, sahen wir ihn auf Bildern von anderen Veranstaltungen, munter und fröhlich wie eh und je.
Das lässt mich natürlich grübeln. Wie krank kann man sein, wenn man gleichzeitig an Festen teilnimmt und in der Öffentlichkeit präsent ist? Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin alt genug, um zu wissen, dass man manchmal Prioritäten setzen muss und dass jeder Mensch einmal krank werden kann. Aber warum musste man uns bitten, den Termin zu verschieben, wenn man dann doch nicht kommt? Und warum sehen wir ihn dann überall anders, als wäre nichts gewesen?
Es ist nicht nur der verletzte Stolz einer alten Frau, der hier spricht. Es ist die Enttäuschung darüber, wie mit uns, den Bürgern dieser Stadt, umgegangen wird. Es geht um Respekt. Hätte man uns nicht eine ehrliche Erklärung geben können? Hätte man nicht offen sagen können, was wirklich los ist? Vielleicht bin ich altmodisch, aber in meinen Tagen war ein Wort noch ein Wort. Wenn man etwas versprach, dann hielt man es auch.
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ein sonniges Wochenende!
Ihre Bertha Kögler
Quelle: Redaktion MKK Echo