Mittwoch, Oktober 30, 2024
StartRegion 1NidderauJürgen Reuling legt sein Amt als Nidderaus Kulturbeiratsvorsitzender nieder

Jürgen Reuling legt sein Amt als Nidderaus Kulturbeiratsvorsitzender nieder

Es war ein wohlüberlegter und lange vorbereiteter Abschied vom Amt des Vorsitzenden des Kulturbeirates der Stadt Nidderau zu Beginn des Konzertes „Klassik unter Sternen“. Es war aber auch ein Abend der Gefühle und zahlreicher Tränen. „Ja, mir ist die Entscheidung nicht leicht gefallen und meine Frau Gerlinde war bis zum Schluss dagegen. Doch irgendwann muss ja mal Schluss sein“, berichtet Jürgen Reuling wenige Tage nach seinem tränenreichen Rücktritt vor großer Kulisse im Schlosspark Oberburg in Heldenbergen. 14 Jahre lang hat der 81jährige Reuling die Kulturszene in Nidderau nicht nur geprägt und gestaltet, sondern er hat sie in diesen 14 Jahre trotz kleinem und überschaubarem Budget über die Stadtgrenzen hinaus bekannt gemacht. „Wenn ich etwas mache, dann muss das auch Stil haben“, erklärt Reuling offen. Das galt für sein Wirken als Kulturbeiratsvorsitzender genauso wie für seinen Abschied, den er Anfang des Jahres bereits mit Bürgermeister Andreas Bär (SPD) und den Mitgliedern des Kulturbeirates abgesprochen haben will. Der Rückzug vom Vorsitz des Kulturbeirates war dabei wohl überlegt. Zum einen war er zur Überzeugung gelangt, dass er nach fast 15 Jahren das Feld, nämlich die Kulturszene in Nidderau, wohl bestellt und auf den Weg gebracht habe. Beispielsweise mit der Schaffung der Reihen „Klassik unter Sternen“ oder „Weltklassik am Klavier“ oder „Marktspektakel“. Zum anderen waren es aber auch gesundheitliche Überlegungen, die ihn zum Abschied bewogen haben. – Reuling hat vor wenigen Wochen erst eine neue Herzklappe eingesetzt bekommen und dann anschließend in der Reha kurz hintereinander zwei Schlaganfälle erleiden müssen.- Höchste Zeit also, einen Gang tiefer zu schalten, wie er sich nun selbst eingesteht und damit auch Zeit für einen Blick zurück auf seinen bisherigen Lebensweg zu werfen.
Geboren wurde Jürgen Reuling am 4.Februar 1943 in Hanau. Dort wuchs er auf, besuchte die Schule und legte dort auch sein Abitur ab. Aber statt eines Studiums anschließend begann er eine kaufmännische Lehre, die ihn sofort ins Ausland führte, beispielsweise nach Paris oder nach New York. Dabei prägten und faszinierten ihn die vielen Kontakte mit Menschen unterschiedlicher Kulturen. Hinzu kam die Schicksalsschläge in seiner Familie während des 2.Weltkrieges. So starb beispielsweise sein Vater bei der Schlacht um Stalingrad. In Reuling entwickelte sich so mit der Zeit immer mehr der Drang, sich für Völkerverständigung einsetzen zu müssen. Und wo geht das nicht leichter als im Bereich der Kultur, zumal er in New York schnell ein Fan der Metropolitan Opera und in Paris der Opéra National des Paris wurde. Noch heute gerät Reuling ins Schwärmen, denkt er beispielsweise an den Auftritt von Luciano Pavarotti in der Metropolitan zurück. Er selbst hat übrigens nie ein Instrument gespielt. Seine Liebe zur Kultur muss er deshalb von seinem Vater, einem Gebrauchsgraphiker und Maler geerbt haben. Aktiv in das Kulturgeschehen ist Reuling dann allerdings erst nach Beendigung seines Berufslebens eingestiegen. Mitverantwortlich dafür war sicherlich sein Jugendfreund Klaus Remer, der von 1985 bis 1999 Kulturdezernent in Hanau war. Durch ihn entstanden auch die engen Bindungen zu den Städten Jaroslawl in Russland und Conflans Ste Honrorine in Frankreich, die bis heute andauern. Wenn auch der Kontakt nach Russland nach dessen Einmarsch in die Ukraine mittlerweile auf Eis gelegt wurde. Eine Entscheidung, die ihm und seiner Familie nicht leicht gefallen ist, da sein Sohn seine Ehefrau auf einer der zahlreichen Reisen nach Jaroslawl kennen und lieben gelernt hat. Doch wie geht es nun weiter? Wer wie Reuling ein Großteil des Tages der Kultur geopfert hat, kann nicht plötzlich gar nichts mehr tun. „Nein, nein“ beruhigt Reuling „ich habe vorgesorgt. Ich werde Bücher schreiben. Beispielsweise über das künstlerische Schaffen meines Vaters“. Nein, Langeweile werde er nicht haben. Außerdem gibt es da noch ein Schlupfloch: Reuling zieht sich mit Niederlegung des Vorsitzes nicht ganz aus dem Kulturbeirat zurück, sondern will weiterhin Mitglied in dem städtischen Gremium bleiben. Außerdem hat ihm Bürgermeister Bär zum Abschied noch symbolisch zwei goldene Eintrittskarten geschenkt. Die gewähren ihm lebenslangen kostenlosen Eintritt zu städtischen Kulturveranstaltungen. Einen letzten Wunsch hatte Reuling dann aber doch an dem Abend: nämlich am Ende des Konzerts, quasi als Zugabe das Lied „Time to say goodbye“. Eine Zugabe unter vielen Tränen und das nicht nur bei Jürgen Reuling selber.
Jürgen W.Niehoff

2 Fotos anbei
1. Jürgen Reuling will nach seinem Rücktritt als Vorsitzendes des Kulturbeirates nun Bücher schreiben
2. Jürgen Reuling (li) zusammen mit Schlossherr Alexander Freiherr von Leonhardi (re.) bei seinem Rücktritt als Kulturbeiratsvorsitzender

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Quelle: Jürgen W. Niehoff

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