Die Grüne Kreistagsfraktion hat sich in der Sitzung des Kreistags zum Haushalt 2026 enthalten. Die Fraktion begründet ihre Entscheidung mit einer Mischung aus Anerkennung für die solide Verwaltungsarbeit und deutlicher Kritik an fehlenden politischen Prioritäten im sozialen Bereich, beim Klimaschutz und im Einsatz gegen Diskriminierung.
Fraktionsvorsitzende Mahwish Iftikhar erklärt:
„Haushalte bestehen aus Zahlen – aber Politik besteht aus Menschen. Und wenn wir auf diesen Haushalt schauen, sehen wir beides: eine enorme Kraftanstrengung der Verwaltung und gleichzeitig zu viele Baustellen, die politisch nicht konsequent genug angegangen werden.“
Die Grüne Fraktion erkennt den Einsatz der Verwaltung an, die trotz eines extrem angespannten finanziellen Umfelds einen genehmigungsfähigen Ergebnishaushalt vorgelegt hat. Mit über 84 Millionen Euro Investitionen in Schulen, steigenden Transferaufwänden in Jugend- und Sozialhilfe und einer Liquidität, die im Sommer bis zu –23 Millionen Euro erreichte, sei dieser Haushalt „ein Produkt von Verantwortungsbewusstsein – aber auch von äußerem Druck“.
Gleichzeitig kritisieren die Grünen, dass der Haushalt zu wenig politische Gestaltungskraft entfaltet.
„Der Haushalt stabilisiert die Verwaltung, aber er setzt zu wenige Impulse für das Leben der Menschen vor Ort. Er ist solide, aber nicht mutig genug“, so Iftikhar.
Besonders deutlich wird die Kritik beim Thema Mobilität und Klimaschutz.
Die Fraktion verweist darauf, dass der Kreis aktuell nur 17 Ladepunkte im Main-Kinzig-Forum besitzt – der Großteil davon mit einer sehr niedrigen Ladeleistung von 3,5 kW. An einem weiteren Standort existieren lediglich zwei zusätzliche Ladepunkte. Für das Jahr 2026 seien nur zwei neue Ladepunkte geplant.
„Ein Landkreis mit über 400.000 Menschen braucht eine Ladeinfrastruktur, die diesen Namen verdient. Mit dieser Ausstattung bleiben wir stehen, anstatt voranzugehen“, kritisiert Iftikhar.
Die Grünen betonen die direkte Verbindung zwischen sozialer Sicherheit und demokratischer Stabilität. Viele Menschen im Kreis belasten steigende Mieten, hohe Energiekosten und zu lange Bearbeitungszeiten in sozialen Bereichen.
„Wenn Menschen Angst vor der nächsten Rechnung haben oder nicht wissen, ob sie eine Wohnung finden, dann bröckelt Vertrauen in den Staat. Soziale Politik ist immer auch Demokratieschutz“, so Iftikhar.
Kritik äußert die Fraktion auch daran, dass dem Bereich Antidiskriminierung keinerlei Priorität eingeräumt wurde. Obwohl eine neue Stelle derzeit finanziell schwer umzusetzen sei, sei es ein Fehler, das Thema unter den Teppich zu kehren.
„Menschen, die Ausgrenzung erleben, brauchen sichtbare Unterstützung. Wer in Wahlprogrammen verspricht, Hass und Diskriminierung zu bekämpfen, muss das auch vor Ort zeigen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass dieses Thema im nächsten Haushaltsjahr wieder aufgegriffen wird“, erklärt Iftikhar.
Die Grünen erkennen, dass viele Schwierigkeiten im Kreis nicht hausgemacht seien.
Kommunen müssten Aufgaben schultern, die eigentlich Bund und Land verantworten müssten – von Jugendhilfe über Integration bis Pflege und Klimaschutz.
Die Grünen fordern auf allen Ebenen, dass Kommunen strukturell und finanziell entlastet werden müssen.
„Solange Bund und Land nicht handeln, bleiben Haushalte – egal wie gut sie erstellt sind – immer auf Kante genäht“, so Iftikhar.
Mit einem humorvollen Seitenhieb ergänzt sie in ihrer Haushaltsrede:
„Ich würde mir wünschen, dass sich Herr Merz und Herr Söder irgendwann einmal so leidenschaftlich für die Lage der Kommunen interessieren wie für die vegane Wurst.“
„Eine Zustimmung wäre ein ‚Weiter so‘, eine Ablehnung wäre unfair gegenüber der Verwaltung. Unsere Enthaltung ist ein verantwortungsvoller Mittelweg“, so die Fraktion.
Die Grünen kündigen an, die kommenden Monate konstruktiv zu begleiten und darauf zu achten, dass soziale Themen, Klimaschutz und der Schutz vor Diskriminierung nicht aus dem Blick geraten.
„Wenn es den Menschen in unseren Kommunen gut geht – dann geht es auch der Demokratie gut. Dafür werden wir weiter kämpfen.“
Quelle: Redaktion MKK Echo

