Es sind die großen Projekte, durch die er die Stadt geprägt hat. In Erinnerung bleiben werden aber vor allem die intensive Bürgernähe, das stets offene Ohr für die kleinen und großen Sorgen der Bürgerinnen und Bürger. Annähernd die Hälfte des Bestehens von Nidderau war er das Gesicht nach außen. Der Kapitän, der den Kurs vorgegeben, der Mann, der Verantwortung übernommen hat. Mit protestantischer Arbeitsethik. Mit Härte gegen sich selbst. Sein Amt habe er stets als Berufung, nicht als Beruf gesehen. Gerhard Schultheiß ist der sechste Ehrenbürger in der Geschichte der Stadt Nidderau. Die Stadtverordnetenversammlung verlieh dem Ehrenbürgermeister mit einstimmigem Beschluss die höchste Auszeichnung Nidderaus.
Sein Amtsnachfolger Andreas Bär sprach in der Laudatio vor über 200 Gästen in der Willi-Salzmann-Halle von einer „beeindruckenden Lebensleistung zum Wohle der Stadt“. Sein herausragendes Handeln habe ihm Respekt beschert. Die Bürgernähe sei stets sein zentrales Anliegen gewesen. „Erfahrung, Leistung, Vertrauen“, der Slogan aus seinem letzten Bürgermeisterwahlkampf: Diese Schlagworte stehen für ein Berufsleben, mehr noch, einem Lebenswerk.
Knapp 42 Jahre diente Gerhard Schultheiß der Stadt Nidderau, 24 Jahre davon als Bürgermeister. 1979 begann er im Alter von 16 Jahren seine Verwaltungsausbildung im Liegenschaftsamt. 1984 erfolgte der Wechsel ins Hauptamt. 1996 wählte ihn das Parlament zum Ersten Stadtrat. 1997 erhoben ihn die Bürger zum ersten direkt gewählten Bürgermeister der Stadtgeschichte. Drei weitere Male schenkten ihm die Nidderauer das Vertrauen. 24 Jahre blieb er an der Spitze der Stadt. Verbunden mit seinem Wirken bleiben Wegmarken wie die Neue Mitte, die Ortsumgehung der Bundesstraßen 45/521, Baugebiete in allen Stadtteilen, zahlreiche Infrastrukturprojekte, ein Mehr an Kultur und Festen. Gerhard Schultheiß war zudem Initiator der Bürgerpost. Steter, legendärer Begleiter: zunächst ein Diktiergerät, später das Mobiltelefon, mit dem er sich Aufgaben per Sprachnachricht notierte.
„24 Jahre als Bürgermeister sind eine wunderbare Erfahrung gewesen, ohne den Weg zu kennen“, bilanzierte Gerhard Schultheiß. Erst ein gutes Team habe es ermöglicht, Akzente setzen zu dürfen, Spuren hinterlassen zu können, reichte der neue Ehrenbürger die verbalen Blumen weiter. Und ohne die Unterstützung seiner Familie, allen voran Gattin Kerstin, sei das Pensum nicht möglich gewesen. „Politik wird von Menschen für Menschen gemacht.“ Das Miteinander solle im politischen Diskurs nie in Vergessenheit geraten, mahnte er.
Gerhard Schultheiß genießt es, nicht mehr im Fokus zu stehen, sondern am Spielfeldrand. Neben den beiden Enkelkindern, seinem Hobby Fliegenfischen und der Gartengestaltung widmet er sich verstärkt einer weiteren Passion: der Fotografie. Der 60-Jährige fotografiert für eine Agentur Spiele der Fußball-Bundesliga, der Champions League und der Nationalelf. Wichtig sei, den Zeitpunkt zu erkennen, wann man aufhören soll, um sich den anderen wichtigen Dingen des Lebens widmen zu können. Die Zeit sei endlich. Deshalb lebe er nach dem Kredo „genieße jeden Tag“, und zwar bevorzugt in Nidderau, wo er seit fast 50 Jahren lebt und mit seiner Familie weiterhin leben möchte.
Ein „Mann mit Wertekompass“, ein „Leuchtturm, der Orientierung gab, wenn es schwierig wurde“, ein gern und häufig gesehener Gast, der immer ein offenes Ohr für die Vereine gehabt habe, ein Zugpferd der Bürgermeisterkreisversammlung, ein ebenso kritischer wie konstruktiver Begleiter der Vorgaben der Hessischen Landesregierung, beharrlich, geduldig und vor allem für die Bürger stets ansprechbar: In den Reden stellten Vertreter aus Politik und Vereinsleben den Charakter von Gerhard Schultheiß dar, der „wie kein anderer diese Ehrenbürgerwürde verdient“ habe.
BILDTEXT:
Die Goldene Ehrenmedaille von Bürgermeister Andreas Bär, Blumen von Stadtverordnetenvorsteher Jan Jakobi: Gerhard Schultheiß ist der der sechste Ehrenbürger in der Geschichte der Stadt Nidderau.
Quelle: Stadt Nidderau