Montag, Dezember 22, 2025
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Lebensqualität auf dem letzten Weg

Philipp Buchenau und Rainer Christ spenden Reh für Bewohner des Gelnhäuser Hospiz
Gelnhausen. Als Jagdleiter im Gelnhäuser Stadtwald weiß Philipp Buchenau, wie man
ein Reh fachgerecht erlegt. Rainer Christ wiederum weiß als ausgebildeter Koch, wie
man Wild schmackhaft zubereitet. Gemeinsam haben die beiden Gelnhäuser nun ein
solches Reh dem Hospiz Kinzigtal gespendet – und bei der Übergabe gleich noch
wertvolle Rezepttipps mitgeliefert.
Als Eugen Glöckner, stellvertretender Vorsitzender des Förderkreises des Hospizes, vor rund
zwei Wochen einen Anruf von Philipp Buchenau erhielt, war die Freude groß – und die
Überraschung ebenso. Der Jagdleiter der Jagdgenossenschaft Gelnhausen-Mitte kündigte an,
dem Hospiz ein Reh aus dem Gelnhäuser Stadtwald zu spenden. Zur Übergabe kam Buchenau
nicht allein: Rainer Christ begleitete ihn, steuerte zusätzlich 300 Euro aus eigener Tasche bei
und brachte nicht nur kulinarische Erfahrung, sondern auch handwerkliches Geschick mit.
Bei der Übergabe wurde viel gesprochen – über die Jagd, über gutes Essen, aber vor allem
über die Arbeit im Hospiz. Denn das Reh soll den Gästen, wie die Patienten hier genannt
werden, schmecken. Essen ist ein wichtiger Faktor im Hospizalltag, wie Leiter Frank Hieret
erläuterte. „Wenn gekocht wird, sind die Gäste oft dabei. Selbst wenn manche nicht mehr
essen können, nehmen sie die Gerüche wahr, die Geräusche – davon profitieren sie.“
Für Philipp Buchenau war es nicht der erste Kontakt mit der Einrichtung: Bereits vor einem
Jahr hatte er im Namen der Jagdgenossenschaft Gelnhausen-Mitte ein Wildschwein
gespendet. Damals war er zum ersten Mal im Hospiz. „Ich hatte zuerst ein mulmiges Gefühl“,
erinnert er sich. „Nachdem ich die Menschen hier kennengelernt habe – dieses großartige
Team, diese hellen und schönen Räume – bin ich mit einem Lächeln hinausgegangen. Das hat
mich wirklich überrascht.“
Diese Erfahrung ist keine Seltenheit, weiß Rolf Heggen, Vorsitzender des Förderkreises. „Wir
hören das oft. Viele Menschen haben Berührungsängste mit einem Ort, an dem Menschen
sterben. Deshalb ist es uns ein großes Anliegen, dieses Thema zu enttabuisieren und auch
nach draußen zu gehen, etwa zu Schülern oder anderen Gruppen.“ Besuche im Hospiz seien
dafür besonders wichtig.
Das Hospiz Kinzigtal wurde vor mehr als acht Jahren eröffnet und verfügt über acht Plätze.
Es ermöglicht seinen Gästen, die letzte Lebensphase selbstbestimmt und würdevoll zu
gestalten. Die vorherrschenden Emotionen sind Trauer, Angst und Wut – aber auch Humor.
„Für Angehörige ist es manchmal gewöhnungsbedürftig, dass hier so viel gelacht wird“, sagt
Frank Hieret. „Aber das ist enorm wichtig.“
Denn auch wenn die Gäste schwer krank sind, ist das Hospiz ein Ort des Lebens. Das Team
versucht, diesen Lebensabschnitt mit vielen Erlebnissen zu füllen – auch wenn Planung oft
nur kurzfristig möglich ist. „Wir hatten einmal eine Adventsfeier geplant. Drei Tage später
waren von sieben Gästen nur noch zwei da“, erzählt Hieret. „Wir können tatsächlich nur für
wenige Tage planen.“ Dennoch wollen Buchenau und Christ, beide Mitglieder der
Wählergemeinschaft Bürger für Gelnhausen, das Grillfest im Hospiz im kommenden Sommer
mit Würsten unterstützen. Ganz spontan eben.
Für Rainer Christ war es der erste Besuch in den Räumen an der Holzgasse. Er zeigte sich tief
beeindruckt: „Alle hier arbeiten äußerst professionell. Dennoch ist diese Tätigkeit kein
gewöhnlicher Job.“ Es geht um den Umgang mit Grenzsituationen.“
Pflegedienstleiterin Beate Eberl ergänzt: „Wir begleiten nicht nur unsere Gäste, sondern auch
deren Angehörige – manchmal sogar noch intensiver. Es gibt Momente, in denen es keinen
Trost gibt. Aber manchmal hilft es, Menschen in den Arm zu nehmen oder gemeinsam zu
weinen.“ Wer sich mit der Arbeit im Hospiz befasse, sind die Verantwortlichen überzeugt,
gehe bewusster mit dem Leben um.
Und das Reh? „Wir werden den Gästen daraus ein schmackhaftes Mahl bereiten“, sagt Eberl.
Wenn möglich, soll es gemeinsam mit den Gästen zubereitet werden. Ganz nebenbei konnte
sich Rainer Christ bei seinem Besuch auch praktisch einbringen: Als Inhaber einer Firma für
Heizungs- und Sanitäranlagenbau reparierte er spontan eine undichte Spüle.
Der Förderkreis des Hospizes zählt mittlerweile alle Kommunen des Main-Kinzig-Kreises zu
seinen Mitgliedern, zudem gibt es 19 Zimmerpaten. Eine solche Patenschaft ist ab einer
Spende von 1000 Euro jährlich möglich – Geld, das dringend benötigt wird. Zwischen 90.000
und 100.000 Euro muss der Verein jedes Jahr aufbringen, um die Deckungslücke zu
schließen. Zudem finanziert er sämtliche Palliativ-Fortbildungen des Teams sowie Angebote
wie Musik- oder Hundetherapie. „Wir versuchen auch, besondere letzte Wünsche zu
erfüllen“, sagt Eugen Glöckner. Dafür wurde unter anderem ein Kleinbus für Ausflüge
angeschafft.
Foto: Freuen sich über das gespendete Reh (von links): Beate Ebers, Eugen Glöckner,
Frank Hieret, Rainer Christ, Philipp Buchenau und Rolf Heggen auf der Terrasse des
Gelnhäuser Hospiz.

 

Quelle: Redaktion MKK Echo

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