Buchvorstellung in Nidderau zeigt: Hessens Agrarwende steht auf dem Spiel
Nidderau, 11. Dezember 2025 – Rund 40 Interessierte folgten der Einladung des Ortsverbands Bündnis 90/Die Grünen Nidderau ins Familienzentrum, um über die Zukunft der Landwirtschaft zu diskutieren. Anlass war die Vorstellung des Buches „Nachhaltige Landwirtschaft – sichere Ernährung. Die große Transformation der deutschen Landwirtschaft” der Autoren Hans-Jürgen Müller (Landtagsabgeordneter und Landwirt aus Witzenhausen) und dem Historiker Norbert Franz. Im Fokus der lebhaften Debatte: die Risiken der neuen Gentechnik (NGT) und die Abhängigkeit der Bäuer*innen von Agrarkonzernen.
Systemkritik statt Bauernbashing
Müller betonte, es gehe nicht darum, „bio gegen konventionell auszuspielen”, sondern das gesamte System zu hinterfragen: „Wir kritisieren nicht die industriellen Landwirt*innen selbst, sondern die Konzerninteressen, die hinter der industriellen Landwirtschaft stehen.” Franz ergänzte, die Transformation hin zu regenerativer Landwirtschaft, Agroforst-Systemen oder Hybridmodellen brauche politische Rahmenbedingungen – „keine Deregulierung, die Verbraucher*innen und Betriebe im Stich lässt”.
Nidderau als Vorreiter – Hessen auf Abwegen
Erster Stadtrat Rainer Vogel (Grüne) skizzierte die lokale Perspektive: Auf Nidderauer Flächen ist gentechnisch verändertes Saatgut ebenso tabu wie Glyphosat; rund 500 Hektar werden bereits ökologisch bewirtschaftet. „Das zeigt: Es geht auch anders”, so Vogel. Doch auf Landesebene setze die Schwarz-rote Koalition mit ihrer Unterstützung für die NGT-Deregulierung im EU-Trilog ein fatales Signal. „Hessen hat jahrzehntelang auf gentechnikfreie Landwirtschaft gesetzt – dieses Qualitätsversprechen wird nun leichtfertig geopfert”, kritisiert Nicole Stahlberg, Vorsitzende des Umweltausschuss’. „Statt die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und die Unabhängigkeit unserer Bäuerinnen zu verteidigen, stellt sich die Landesregierung an die Seite der Agrarkonzerne. Das ist ein Rückschritt für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und ein Vertrauensbruch gegenüber den Menschen in Hessen.”
Hintergrund: NGT-Deregulierung bedroht Saatgut-Souveränität
Das Trilog-Ergebnis zur neuen Gentechnik sieht vor, dass NGT-Produkte künftig nicht mehr gekennzeichnet werden müssen – und Saatgut patentierbar wird. „Das bedroht die Existenzgrundlage unserer hessischen Saatgutzüchterinnen und macht Bäuerinnen zu Abnehmerinnen von Konzern-Patenten”, warnt Stahlberg. „Eine verantwortungsvolle Agrarpolitik muss die Risiken ernst nehmen und die Weichen für eine sozial-ökologische Wende stellen – nicht für Profitinteressen.”
Quelle: Redaktion MKK Echo

