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Wo Altes fällt, wächst Junges nach

Jährlicher Holzeinschlag dient der Verjüngung und Stabilisierung des Waldes

 

Den Wald der Zukunft zu planen, ist die große Aufgabe, der sich Förster stellen müssen. Es braucht mehr unterschiedliche Baumarten dicht nebeneinander, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen. Gleichzeitig setzt der Klimawandel dem Wald durch Hitze und Trockenheit enorm zu und erschwert die Nachwuchspflege. In Maintal kämpft Revierförster Marko Richter daher um jeden Baum – auch durch den Holzeinschlag.

Dass Bäume gefällt werden müssen, damit Bäume wachsen können, mag widersprüchlich klingen. Doch einen Wald, in dem jahrzehntealte Bäume dicht an dicht stehen, kann es nicht geben. Schon deshalb nicht, weil Bäume für ein gesundes Wachstum Platz benötigen. „Eine Eiche braucht rund 150 Quadratmeter Wuchsraum. Hochgerechnet können auf einem Hektar Fläche rund 67 Eichen zu dicken Bäume heranwachsen“, rechnet Richter beispielhaft vor. Er betreut in der Nachfolge von Heiner Koch im Auftrag von Hessen Forst die Reviere in Maintal, Bruchköbel, Schöneck, Niederdorfelden und Neuberg.

Stehen die Bäume zu dicht, beginnt der Überlebenskampf um Licht, Luft und Wasser. Am Ende würden ohne Durchforstungen, also Baumfällungen, nur die stärksten Bäume überleben und alle Bäume durch den kontinuierlichen Überlebenskampf geschwächt. Lichtbedürftige Baumarten wie Eiche oder Vogelkirsche würden absterben und aus dem Wald verschwinden. Die Folge wäre eine verpönte Monokultur aus einer oder maximal zwei Baumarten. Im bewirtschafteten jungen Wald greift der Förster ein und wählt sogenannte Zukunftsbäume (Z-Bäume) aus. Er entscheidet, welcher Baum die besten Wachstumschancen hat und welche umliegenden Nachbarbäume weichen müssen. Der Überlebenskampf aller wird somit durch die Fällung von Einzelbäumen unterbunden. Die Z-Bäume können sich optimal entwickeln, auch seltenere Baumarten „dunkeln nicht aus“ und können später ihre Samen verbreiten.

Der Holzeinschlag, der seit Ende Oktober in Teilen des Maintaler Stadtwalds erfolgt, ist daher ein wichtiger Beitrag für eine gesunde Entwicklung des Waldes. Denn die Fällung von Altbäumen ermöglicht neuen Zuwachs. Und nicht nur das. „Wir entfernen so auch Bäume, die von Schädlingen befallen sind und verhindern ein Übergreifen auf umliegende Bäume. Je mehr Wald wir aus der Nutzung nehmen würden, desto mehr Alt- und Totholz würde es geben und desto leichter könnten sich Schädlinge vermehren. Gleichzeitig steigt die Brandgefahr und das verrottende Altholz setzt CO2 frei“, listet der Maintaler Förster Argumente für den Einschlag auf.

Dass der Holzeinschlag rein aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt, gegen diesen Vorwurf wehrt sich Richter. „Im Gegenteil, es gab zuletzt Jahre, da hat der Holzverkauf nicht einmal die Kosten für Einschlag und Rückung gedeckt. Außerdem bleiben wir deutlich unter der Einschlagsmenge, die im Forstwirtschaftsplan festgeschrieben ist. Der durchschnittliche Holzzuwachs im Maintaler Stadtwald beträgt rund sieben Festmetern pro Jahr und Hektar“, berichtet er. Auf den rund 600 Hektar Maintaler Wald wachsen somit jährlich rund 4.000 Festmeter Holz zu. Geerntet werden nur rund 2.500 bis maximal 3.000 Festmeter.

Die aktuell guten Preise und die hohe Nachfrage auf dem Markt sieht er deshalb nicht unter dem Gesichtspunkt, das Maintaler Holz gut zu vermarkten, sondern in den Maintaler Wald der Zukunft investieren zu können. Denn die Einnahmen aus dem Holzverkauf finanzieren sowohl Pflanzung und Pflege von Jungbeständen, als auch die Wegepflege und die erforderlichen Verkehrssicherungsmaßnahmen. Einen Hektar Eichenkultur mit 7.000 jungen Eichen anzulegen, kostet zum Beispiel 25.000 Euro. Dabei wachsen nicht alle Bäume zu einer stattlichen Eiche heran. Von mehreren tausend Eichen bleiben am Ende rund 70 übrig. Der Grund: Verdrängung. Die Eiche ist eine Lichtbaumart und konkurriert mit umliegenden Bäumen. Ähnlich wie viele andere Baumarten. „Im Frühjahr vergangenen Jahres haben wir rund 18.000 Bäume in der Försterei gepflanzt. Etwa ein Drittel davon ist bereits im Trockenjahr 2022 eingetrocknet. Doch als Förster sehe ich das, was übrigbleibt, und das sind im genannten Beispiel etwa 12.000 Bäume“, betont der Forstingenieur.

Auch die Verkehrssicherungspflicht erfordert, dass Bäume gefällt werden. Auf 50 Metern beidseits von Straßen, Bahnlinien und öffentlichen Wegen muss Richter sicherstellen, dass keine Gefahr durch Astbruch besteht. Die Bewertung ist gar nicht so einfach. Häufig sind die ersten Befallsmerkmale, die den Tod eines Baumes ankündigen, nur für den sachkundigen Blick erkennbar. Für Laien wirkt der Baum oftmals sogar noch gesund.

„Ein erster Anhaltspunkt ist, wenn die Kronen kein Feinreisig, also verzweigte junge Triebe, ausbilden“, erläutert Richter. Solche Bäume müssen genauer begutachtet werden. An einem anderen Baum verweist er auf die rötlich gefärbte Rinde – Anzeichen für einen Befall durch den Prachtkäfer. Für die vom Trockenstress der vergangenen Jahre ohnehin belasteten Bäume kommen in Maintal ungünstige Standortbedingungen hinzu. „Die Böden sind sehr sandig und können das Wasser nicht speichern“, erklärt der Forstwirt. Und auch das Wild setzt den Jungbäumen zu. Auf einer kleinen Lichtung verweist der Förster auf eine Naturverjüngung durch Ahornbäume. Als er sich die zarten Stiele anschaut, die aus dem blätterbedeckten Waldboden ragen und sich verzweigen, entdeckt er an fast jedem Jungbaum eindeutige Hinweise auf Wildverbiss.

Der Holzeinschlag in Maintal ist für diese Saison beinahe abgeschlossen. Er findet von Ende Oktober bis Ende März in ausgewählten Bereichen im Revier statt. Fünf Jahre beträgt normalerweise ein Pflegeintervall. In stark geschädigten Waldbereichen ist es deutlich kürzer. In dem jeweiligen Turnus kontrolliert Richter den Baumbestand in den jeweiligen Bereichen und entscheidet, welche Bäume gefällt werden müssen, um die Verjüngung zu fördern – auch durch Nachpflanzungen. Dabei setzten Forstleute angesichts des Klimawandels auf einen Baumartenmix. Richter sieht gute Chancen für Eichen, Kirschen und Robinien, aber auch für die Nadelbäume Kiefer, Tanne und Douglasie. „Wir brauchen eine Mischung aus Laub- und Nadelbäumen. Je artenreicher und vielschichtiger ein Wald ist, desto besser sind seine Überlebenschancen. Wenn es uns gelingt, einen klimastabilen Wald herbeizuführen, sichern wir die Zukunft des Waldes.“

Bildhinweise:

B1: Befallsmerkmale geschädigter Bäume sind für Laien oft schwer zu erkennen. Auch für Maintals Revierförster Marko Richter zeigen sich manche Schädigung erst nach dem Fällen.

B2: Bei der Nachpflanzung junger Bäume braucht es für den klimastabilen Wald der Zukunft einen Baumartenmix. Fotos/Quelle: Stadt Maintal

 

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