MKK-Echo

„Brücke ins System der Kassenärzte“ notwendig

Ukrainehilfe MKK: Kreis fordert leichteren Zugang der Geflüchteten zu medizinischen Angeboten – Steigender Bedarf unter den neu Ankommenden

Main-Kinzig-Kreis. – Der Main-Kinzig-Kreis hat die Hürden für Geflüchtete aus der Ukraine weiter gesenkt, medizinische Hilfen in Anspruch nehmen zu können. Die meisten bleibeberechtigten Menschen, die ins Kreisgebiet kommen, erhalten unmittelbar bei ihrer Ankunft einen Krankenschein sowie ein Begleitschreiben, womit die Abrechnung in einer Arztpraxis geklärt ist. Damit begegnet der Main-Kinzig-Kreis einem vielfach seitens der Ärzteschaft geäußerten Vorbehalt, sie blieben auf ihren Behandlungskosten sitzen. „Die Menschen brauchen mitunter sehr schnelle medizinische Hilfe, wenn sie bei uns ankommen, vom Chirurgen über den Zahnarzt bis zum Hausarzt“, erklärt Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler. „Das können wir als Landkreis nicht übernehmen, dazu fehlt uns die Expertise und größtenteils auch die Berechtigung. Da brauchen wir die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Die vermeintliche Kostenfrage möchten wir vorsorglich mit diesem Schritt aus dem Weg räumen.“

Noch immer sucht der Main-Kinzig-Kreis interessierte Arztpraxen, die sich unter mediziner-hilfe@mkk.de melden und ihre Bereitschaft dokumentieren können, schnell und unkompliziert Menschen aus den größeren Unterkünften medizinisch und fachärztlich zu helfen. „Die Menschen brauchen nicht nur eine hausärztliche Begleitung. Auch alle Fachrichtungen sind notwendigerweise mit angesprochen“, so Simmler.

Der Kreis selbst bietet in den Unterkünften im Kreisgebiet medizinische Sprechstunden an, in denen verpflichtende Erstaufnahmegespräche und eine gesundheitliche Abklärung stattfinden. Ebenso können sich die Menschen impfen lassen und allgemeine Fragen zu ihrer Gesundheit beantwortet bekommen. Mehrere hundert dieser Sprechstundentermine haben in den vergangenen Tagen bereits stattgefunden. Für dringende Fälle und für das Verschreiben von Medikamenten ist dieses Angebot allerdings nicht ausgelegt. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben schlichtweg nur eine begrenzte Befugnis, und das trifft naturgemäß nicht auf vollstes Verständnis bei jenen, die dringend eine Handlung benötigen“, so Simmler.

Landrat Thorsten Stolz fordert daher eine „Brücke ins System der Kassenärzte und der Kassenärztlichen Vereinigung“. „Wir können als Landkreis, gemeinsam mit den Städten, Gemeinden und Hilfsinitiativen, viel für die gesellschaftliche Integration tun. Viel wird auch schon getan, seit Wochen. Aber gerade beim Einbinden der Geflüchteten ins medizinische Netz braucht es die offenen Zugänge, die es aus den Hallen und Großunterkünften heraus leider nicht immer gibt“, sagt Thorsten Stolz.

Im Main-Kinzig-Kreis sind derzeit rund 3.500 Geflüchtete aus der Ukraine registriert, etwa 800 von ihnen sind aktuell in Hallen und großen Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Wöchentlich teilt das Regierungspräsidium Darmstadt dem Main-Kinzig-Kreis etwa 200 bis 250 weitere Personen über den Königsteiner Schlüssel zu. Waren es zunächst in weit überwiegender Zahl allein reisende Mütter mit ihren Kindern, erreichen mittlerweile immer mehr große Familienverbände sowie Personen in hohem Alter und mit schwereren körperlichen Gebrechen das Kreisgebiet.

Susanne Simmler, unter anderem zuständig für den Bereich Gesundheit, berichtet von einem gestiegenen Bedarf nach ärztlicher oder gar pflegerischer Hilfe. „In unseren Notunterkünften bieten wir in vielerlei Hinsicht eine Erstberatung und auch ein erstes Gesundheitsscreening.  Mehr ist an Ort und Stelle aber nicht möglich und auch nicht sinnvoll, denn die zu uns geflüchteten Menschen haben vollen Zugang zum ganz normalen Gesundheitssystem“, erklärt Simmler. „Dort, wo bei den neu Ankommenden eine Akutversorgung oder eine Unterbringung in einer pflegerischen Einrichtung nötig ist, leiten wir das in den ersten Stunden nach der Ankunft in die Wege. Dafür hat der Main-Kinzig-Kreis Kooperationspartner an seiner Seite. Unser Ziel ist es aber, allen Menschen auf kurze und mittlere Sicht eine gute medizinische Versorgung zu ermöglichen.“ Das reiche von der Schwangeren über Menschen, die ein Zahnoperation benötigten bis hin zu Dialyse-Patienten.

Aus den ersten Sprechstunden, die in den umgewidmeten Schulturnhallen in Birstein, Bruchköbel und Langenselbold stattgefunden haben, berichtet das Team Gesundheit des Kreises von etwa einem Drittel der Personen, die gegen das Coronavirus geimpft sind. Der Main-Kinzig-Kreis stellt allen Geflüchteten zu notwendigen Impfungen Aufklärungsmaterial auf Ukrainisch, Russisch, Englisch und Deutsch zur Verfügung und macht über das Personal der Dein-Pflaster-Impfstellen eigenständige Impfangebote in den Hallen. In Kürze wird es auch die Möglichkeit geben, sich in der Unterkunft gegen Masern impfen zu lassen, was insbesondere für das Betreten von Kitas und Schulen wichtig ist. Ebenso bereitet der Main-Kinzig-Kreis ein Tuberkulose-Screening vor, das eigentlich zur medizinischen Abklärung in den Hessischen Erstaufnahmeeinrichtungen gehört, dort aber derzeit nicht durchgeführt wird.

Neben den Krankenscheinen für einen einfacheren Zugang zu medizinischen Angeboten überreicht der Main-Kinzig-Kreis den Geflüchteten bei ihrer Unterkunft auch Bescheinigungen, die Dinge des Alltags erleichtern, etwa das Eröffnen eines Girokontos. Hinzu kommen wichtige Erstinfos zur Orientierung im Alltag, zur Registrierung und zu Themen wie Kinderbetreuung und Schule. „Angesichts der großen Zahl an Geflüchteten warten wir nicht, bis jeder in eine Wohnung vermittelt oder seine Registrierung in der Ausländerbehörde abgeschlossen ist. Beides, und das sagen wir transparent, dauert eine Weile. Aber parallel dazu unternehmen wir eben auch viel, damit die nächsten Schritte der Integration schon gegangen werden können“, so Landrat Thorsten Stolz.

Quelle: Main-Kinzig-Kreis

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